Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

337 beziehungsweise dem zu erbauenden Schul- und Gotteshause geben ivolüeit. Auf diese Frage wussten sie nicht sogleich eine Antwort zu geben, ivorauf sie weiter gefragt wurden, wie denn die Pfarre heiße, in welcher sie ihr „Bethaus" bauen wollen. Sie sagten, dass ihr Baugrund in der Pfarre Kematen liege. „Nun, so nennt euer Bethaus und eure Gemeinde .Neukematen'." Dabei blieb es. Kirche und Schule, welche zusamuien den Namen Neukematen führen, liegen in der Ort­ schaft Braudstatt der Gemeinde Piberbach. Noch vor Erhalt der kreisämtlichen Baubewilligung beriefen die Vorsteher oder „Ältesten" der Gemeinde einen Schullehrer. Sie fanden einen jungen, tvohlgebildeten Mann in Linz, mit Namen Daniel Wilhelm Sick, Magister aus Nürtingen in Würtemberg, welcher, vom Kreisamte Wels bestätigt und angestellt, den 12. Juni 1783 von dem Besitzer des Klaffingergutes zu Pellndorf von Wels abgeholt wurde. Zur Wohnung wurde ihm das Bachmayrhäusel, jetzt Nr. 27 zu Brandstatt, angewiesen, wo auch eine kleine Stube einstweilen als Lehrzimmer dienen musste. Im Monate Juli 1788 wurde der Bau des Bethauses begonnen und so emsig fortgesetzt, dass dasselbe bereits im November zur Noth brauchbar dastand. Am 25. November kam auch der erste Seelsorger, ebenfalls ein Würtemberger, Pastor Christian Tobias Hahn, hier an, welcheni in Ermanglung eines anderen Wohnhauses einstweilen im Bach­ mayrhause einige Zimmer zur Wohnung angewiesen mürben. Im nächsten Frühjahre wurde der Bau des Pfarr- und Schulhauses in Angriff genommen und im Herbste beendet. Der Schullehrer bewohnte das Erdgeschoss, der Pfarrer den ersten Stock. Nach achtjähriger Amtsführung in Neukematen kehrte Pastor Hahn im Juli 1791 wieder in seine Heimat zurück. Magister Sick starb am 22. Juni 1794 und ruht auf dem hierortigen Friedhofe. Sein Nachfolger, Matthias Trautenberger, aus der evangelischen Gemeinde Thenning im Bezirke Linz gebürtig, wirkte hier bis 1806. Im Jahre 1800 drohte der Schule und Kirche Neukematen große Gefahr. Es brach nämlich in der Nacht vom 5. auf den 6. Augnst in dem nahen Bachmayrhause, wo eben eine Hochzeitsvorseier, das Kranzbinden, abgehalten wurde, Feuer aus, wobei nicht nur das ganze Haus sondern auch drei Menschen mitverbrannten, deren verkohlte Gebeine in einem gemeinschaftlichen Sarge nach Kematen gebracht und daselbst beerdiget wurden. Schule und Kirche blieben verschont, wiewohl die Gefahr groß und die Angst der Leute keine geringe war. Im Jahre 1806 unterrichtete der Schullehrerssohn Johann Gottlieb Nadler. Etwa im März 1807 kam Johann Hehenberger als Lehrer nach Neukematen, wo er im Mai 1849 nach mehr als vierzigjähriger Wirksamkeit im 77. Lebensjahre gestorben ist. Als Hehenberger sich dem Greisenalter nahte und seine Kräfte merklich abnahmen, wurde Josef Ecker von der evangelischen Schulen -Districts- Aufsicht in Goisern als Gehilfe von der Marktschule Hallstatt im Salzkammergute nach Neu­ kematen versetzt, wo derselbe vom 4. April 1846 an den Schul- und Organistendienst allein zu versehen hatte. Noch gegenwärtig steht derselbe hier seit nun bald sechs­ undvierzig Jahren wohlgemuth im Dienste. Der jetzige Pfarrer Johann Derlei ist bereits der eilfte in Neukematen und verwaltet sein Amt seit 36 Jahren. Mit der Zeit wurde das Lehrzimmer zu klein. Diesem Übelstande abzuhelfen, wurde im Jahre 1810 der Hintere Theil der Emporkirche in ein Schulzimmer um­ gewandelt, welches aber höchst unzweckmäßig ausfiel und kaum einer einzigen Be­ dingung eines ordentlichen Lehrzimmers entsprach, daher dasselbe von der Schul­ behörde solange beanständet wurde, bis sich die Gemeinde zu dem Baue eines eigenen Pfarrhauses entschloss und von der bisherigen Psarrertvohnung die Küche, das Schlaf- und Wohnzimmer zu einem Lehrzimmer umgestaltete. Man erbaute deshalb ein neues Pfarrhaus, das im Herbste 1851 fertig war, und im Sommer 1852 wurde das neue Lehrzimmer bezogen. In diesem Jahre geriet!; Lehrer Ecker auf den damals noch seltsamen Gedanken, eine Schülerbibliothek zu errichten, welche jetzt Vierthalbhundert Bücher zählt. In den Jahren 1851 bis 1853 verließen mehrere Familien dieser Gemeinde, insgesammt 30 Köpfe, ihre Heimat und zogen in die

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