Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

283 dem Handwerkerstande an, theils verdienen sie sich ihr Brot als Tagwerker. In Egendorf befinden sich 4 Gastwirte, 2 Bäcker und 3 Müller. Mit 2 Mühlen sind Brettsägen verbunden. Die Mühlen liefern den Bedarf an Mehl; „Dampfmehl" wird hier nicht verwendet. Die gesammte Bodenstäche ist sehr ergiebig und steht die Landwirtschaft auf hoher Stufe. Die allgemeinen Interessen der Landwirte werden durch die „Genossenschaft der Landwirte für Weißkirchen und Egendorf" gefördert und vertreten. Da es an geeigneten Verkehrsstraßen fehlt, so ist der Verkehr ein schwacher. Den bedeutendsten Einfluss übt auf denselben der Welser Wochenmarkt aus, zu dessen fleißigen Be­ suchern der Egendorfer gehört. Die Bevölkerung kennzeichnet ein offener und biederer Charakter, religiöser Sinn, eine große Anhänglichkeit au den heimischen Boden und an die alten Sitten und Gebräuche, doch macht sich durchaus keine Verschlossenheit gegen neu­ artige Einflüsse geltend. Die Bevölkerung zeigt sich besonders dem Vereinswesen sehr geneigt. So bestehen in der kleinen Gemeinde: eine wohlgeregelte Feuerwehr, ein Genossenschaftsvereiu der Landwirte, ein sogenannter „Schaubverein", welcher bei Brandunglücken in Thätigkeit tritt, ein Zweigverein des L>chützencorps Weißkirchen und des Militärveteranenvereines Neuhofen. Egendorf gehörte früher zum Pfarrsprengel Weißkirchen. Infolge der von Kaiser Josef II. verfügten neuen Pfarreintheilung erhielt Egendorf eine eigene Pfarre, zu deren Sprengel im Jahre 1783 die Ortschaften Brunnern, Egendorf, Groisbach und Hueb bestimmt wurden. Dem Stifte Kremsmünster wurde aufgetragen, dieselbe mit einem Capitular zu besetzen. Jedoch erst im Jahre 1804 wurde die Angelegenheit durch ein Hofdecret endgiltig geregelt. Im Jahre 1786 erbaute man den Pfarrhof, in dessen Gärtchen im Jahre 1791 eine merkwürdige Geldmünze des Kaisers Vespasian ausgegraben wurde. An der mit des Kaisers Brustbilde gezierten Vorderseite findet sich die Umschrift: Vespasian. Aug. P. II. Imp. Titus. Auf der mit einem Anker gezierten Gegenseite aber stehen die Worte: Cos. VIII. P. P. Tr. P. IX. Imp. XV. Die Münze hat die Größe eines einfachen Ducatens, überwiegt aber zwei solche und wird in der Münzensammlung zu Kremsmünster aufbeivahrt. Zur Pfarrkirche bestimmte man die bisherige, der hl. Maria geweihte, kleine Schlosskapelle. Der damalige Schlossbesitzer, Franz Ignaz Mayrhofer, ließ dieselbe mittelst eines daranliegenden Vorräthegewölbes, vulgo Krautkeller erweitern, wodurch zwar mehr Raum gewonnen wurde, die Kirche aber eine sehr unregelmäßige Gestalt bekam. Der Wunsch zur Verbesserung beivirkte int Verlaufe der Jahre verschiedene Bau­ vorschläge, die aber nicht eher als im Jahre 1825 zur erwünschten Ausführung kamen. Zu dieser Zeit nahm es Stephan Wimmer vom Schatzingergute (Egendorf Nr. 13) auf sich, den Neubau derselben mittelst des vom Patronate gemachten Beitrages von 1000 fl. W. W. und den freiwilligen Geld-, Materialien- und Arbeits­ leistungen der Psarrgemeinde auf eigene Kosten dergestalt herzustellen, dass der von dem damaligen Besitzer Franz Xaver Mayrhofer gegen Herstellung eines neuen abgetretene Getreidekasten in die gegenwärtige, geräumige und von innen und außen hübsche Kirche umgestaltet wurde. Die Chorschlusswand ist geradlinig. Auf der Evangelienseite ist ein hölzernes Oratorium bis zur Frohnbogenwand mit dem Aus­ gange auf den Säulengang im 1. Stocke des Schlosses. Der Altar wurde im Jahre 1884 vom Maler Michanek in Linz renoviert. Das Schiff der Kirche hat zwei Joche. Das Gewölbe ist ein Schein- oder Lattengewölbe, mit Stichkappen für die Fenster. Der Kirchthurm ist niedrig und hat eine runde Kuppel. In demselben befinden sich eine Uhr und drei Glocken, davon eine aus dem Jahre 1695. Der erste Pfarrvicar Procop Richter wirkte hier von 1785 bis 1787. Der gegenwärtige, P. Johannes Geistberger, ist der 22. in der Reihe derselben und waltet seines Amtes seit dem Jahre 1885. Zu gleicher Zeit als die Pfarre wurde auch die Schule errichtet. Das Schul­

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