Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

11 wird die Mark ob der Enns, b. h. das Land diesseits der Donau, abgetrennt und dem Markgrafen Otakar IV. von Steyr verliehen, welcher gleichzeitig den Titel eines Herzogs von Steiermark erhält. Otakar, schwach und kränklich, blieb unvermählt, und weil der Stamm der steirischen Otakare dem Aussterben nahe ist, >vill er noch vor seinem Tode für das Wohl des Landes und seiner Unterthanen sorgen, weshalb er seinen Blutsverwandten, den Herzog Leopold V. von Österreich aus dem Hause Babenberg, zum Erben seines Landes einsetzt. Dann widmet er sein Leben nur noch wohlthätigen Zwecken, mit reichen Schenkungen tverden die Klöster bedacht, 1191 verweilt er das letztemal in Enns, im folgenden Jahre stirbt er, und mit ihm endet das hoch berühmte edle Geschlecht der steirischen Otakare, welche mit den Babenbergern, den Hohenstaufen und den Welfen verwandt waren. Die Otakare hatten den Rang von Reichsfürsten, welche als Basallen des deutschen Kaisers nur demselben zur Treue verpflichtet waren und mit den Herzogen des Reiches im gleichen Range standen. Sie verivalteten ihre Länder nach dem althergebrachten Geivohnheitsrechte, führten Krieg und schlossen Frieden mit ihren Nachbarn ohne Bewilligung des Reichsoberhauptes und übten das Münz-, Zoll- und Bergwerksrecht aus. Ihre Hof­ haltung aus der Styraburg war eine glänzende; zahlreich waren die Hosämter, Ritterspiele und Minnesang fanden dort eifrige Pflege. Die Stadt Steyr blühte rasch auf und in den Thälern der Enns und Steyr entstanden frühzeitig viele Ortschaften, als: Pichlern, Sierning, Aschach, Grünburg, Pieselivang, Ramsau, Molln, Klaus, Windisch- garsten und Spital am Pyhrn; Enns, Ternberg, Gaflenz, Neustift. Im Traungaue würben die Salzbergwerke zu Ischl ausgebeutet, den Mittelpunkt des Handels bildeten Steyr und Enns. Die Eisenindustrie errang unter den Otakaren ihre Blüte und würbe von ihnen durch Privilegien begünstigt. Ein sehr erfreuliches Bild bieten die kirchlichen Verhältnisse des Traungaues zur Zeit der Otakare; in allen bedeutenden Orten gab es Pfarr- oder Filialkirche», und die Klöster Kremsmünster, Garsten, Gleink itiib Spital übten eine segensreiche Wirksamkeit aus. (I. Die Babenberger. Dieses ruhmreiche Geschlecht herrschte 270 Jahre über Österreich und gab dem Lande zwölf Regenten, die sich alle durch hervorragende Eigenschaften auszeichneten. Ihrer Tapferkeit und Klugheit haben wir das Dasein der österreichisch-ungarischen Monarchie zu verdanken. Das kleine, menschenleere und verwüstete Ländchen, welches Leopold I. der Erlauchte 976 zu Lehen erhielt, wuchs zu einem mächtigen abge­ rundeten Länderganzen heran, das reich bevölkert und wohl bebaut war. Unter Heinrich Jasomirgott wurde es ein Herzogthum und nach dem Aussterben der Otakare 1193 kam auch das Land Steiermark, sowie die Mark ob der Enns in die Hand der Babenberger. Zlvei Jahre nur dauerte die Regentschaft des neubelehnten, von Palästina zurückgekehrten Leopold V. des Tapferen, welcher sich längere Zeit in Steyr aufhielt, die Rechte der Klöster Gleink, Garsten und Spital bestätigte und den Abt von Garsten zu»l Hofkaplan in der Schlosskirche zu Steyr ernannte. Eine hervorragende Thätigkeit entfaltete in Oberösterreich Herzog Leopold VI. der Glorreiche. Er war der gefeiertste Babenberger, hielt sich mehrmals in Oberösterreich auf und waltete immer mit väterlicher Milde und Weisheit. Enns erhielt von ihm 1212 eine städtische Verfassung, und dieses „Ennser Stadtrecht" ist als Mutterrecht aller späteren österreichischen Stadtrechte anzusehen. Leopolds Sohn, Herzog Friedrich II. der Streitbare (1230—1246), war der letzte männliche Sprosse des berühmten Geschlechtes der Babenberger und ein Mann des Krieges. Er geriet!) in wechselvolle Kämpfe mit dem deutschen Kaiser Friedrich II. und mit den nächsten Grenznachbarn, den Herzogen von Baiern, den Königen von

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