Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

230 gartenmauer sind ein Werk Alexanders II. Straßer (1709—1731). Unter dessen Nachfolger Alexander 111. Fixlmüller 1731 —1759 spielte sich hier eine Episode des österreichischen Erbfolgekrieges ab. Am 31. December 1741 wurde das Stift von 200 bairischen Kürassieren und über 60 Fußgängern besetzt; am 1. Jänner 1742 umgab eine Schwadron ungarischer Cavallerie das Kloster, es drohte ein Kampf; beim Hauptthor wurde ein Husar sammt dem Pferde erschossen, ein zweiter am Tödtenhengst schwer verwundet, immer mehr österreichisches Militär rückte an, und so fanden es nach wiederholter Auf­ forderung die Baiern für gerathen, sich zu ergeben und im äußeren Stiftshof sich entwaffnen zu lassen. 1744 wurde die neu errichtete adelige Ritter-Akademie mittels Diplom vom 17. September von Maria Theresia bestätigt, 1751 erweitert; das Gymnasial - Studium durch ein Lyceum erweitert, 1748 — 1758 die Sternwarte errichtet; außerdem wurden 1737 der Calvarienberg, 1745 das Einfahrtsgebäude beim Eichenthor, 1748 die steinerne Brücke über die Krems gebaut, 1750 die Er­ neuerung der seit 1099 bestehenden Pfarrkirche von Kirchberg beendet. Unter Erenbert III. Meyer 1771 —1800 hörte auf behördliche Anordnung 1773 daS sogenannte „Gespende" am Carnissel-Tag (10. December) auf. Am Tage vor dem 11. December (Stiftertag) wurden zur Erinnerung an Herzog Thassilo und seinen Sohn Günther bestimmte Portionen Brot und Fleisch nach erfolgter kirchlicher Segnung von Stiftsgeistlichen im äußeren Stiftshof an alle Ortsbewohner, Stifts­ beamte, Diener, Arbeitsleute, Gäste und Fremde in eigens hiezu errichteten Hütten ausgetheilt. Zuletzt waren diese Portionen aus 30.000 angewachsen, und es genügten kaum mehr 60—70 Rinder; 1712 war bei dieser Gelegenheit bei Kremsegg an alten Eheleuten ein Raubmord 'verübt worden, 1758 stürzte beim Gedränge der Leute die Brücke über den Wassergraben -ein; es erschien daher so manchen nicht unerwünscht, dass eine Abänderung erfolge; sie bestand in der Umwandlung des Gespendes in einen jährlichen Beitrag zum Unterhalt des oberösterreichischen Straf- und Arbeitshauses. 1774 wurde die Pfarrschüle in Kirchberg errichtet; 1776 die seit Gregor Lechners Zeiten im Markte befindliche deutsche Schule in eine Hauptschule umge­ wandelt mit drei weltlichen und zwei geistlichen Lehrern, der eine der letzteren für Religion, der andere für Anfangsgründe der lateinischen Sprache. Eine vom Abt erbetene Visitation aller Lehranstalten von Seite der Landesregierung erzielte noch einmal 1779 ein Zeugnis vollster Zufriedenheit und die Zusicherung ferneren Bestandes. Bis 1783 gehörte das Stift zur Pfarre Kirchberg, nun erfolgte die Trennung in zwei, da die Stiftspfarre ausgeschieden wurde; doch 1787 erfolgte die Wiederver­ einigung in einen Pfarrsprengel. 1781 ward das sogenannte Bräuhaus als Wohnung für weltliche Lehrer der adeligen Akademie und für Stiftsbeamte gebaut. 1787 wurde die Aufhebung der Studien int allgemeinen amtlich angekündigt; ein Bittgesuch des Abtes und der Bürgerschaft ermöglichte nur einen Aufschub von einem Jahr für die Ritter-Akademie, und einen solchen bis 1792 für das auch von Alexander Hl. eingeführte Rechts-Studium. Die 240 Porträts der adeligen Zöglinge in der Sternwarte sind eine dauernde Erinnerung an dieses ehemalige Institut. Auch die Aufhebung des Klosters wurde von unbekannter aber einflussreicher Seite angestrebt und noch vor der kaiserlichen endgiltigen Entschließung in Gang gebracht; eben sollte die Hofwiese versteigert werden, da beendete das Eintreffen eines kaiserlichen Decretes mittels eines Eilboten das Vernichtungsiverk. Ein hoch­ gestellter „redlicher und dankbarer Gönner" setzte es durch, dass ein Bittgesuch des Abtes in dieser äußersten Roth in die Hände Kaiser Josefs II einige Stunden früher gelegt wurde, ehe der Aufhebungsvorschlag unterbreitet ward. So ward 1788 das Stift gerettet, mit ihm auch Gymnasium und Lyceum. Aber im nächsten Jahre wurde Erenbert III. seines Amtes entsetzt, die geist­ liche Leitung dem Prior Wolfang Leuthner, die zeitliche Administration dem Peter Maximilian Stadler aus Wels übertragen und in sehr milder Weise geübt. Unter

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