Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

228 Prinzen und überbrachten dem Vater die Schmerzenskunde. Eiligst erhob sich der Fürst und zog mit großem Gefolge zur Stätte des Jammers. Hier beweinte er den Tod des geliebten Sohnes und gelobte im Geiste gläubiger Ergebung den Bau einer Kirche zu Ehren des Welterlösers und die Begründung eines Klosters zur Seelenruhe des Verstorbenen; zum immerwährenden Gedächtnis des schmerzlichen Unfalles aber stiftete Thassilo ein jährliches „Gespende" an Brot und Fleisch für jeden Armen und Fremdling, der sich am Tage der Leichenfeier einfinden ivürbe. Ein aus dem Dunkel des Waldes mit Lichtern an den Geweihen hervortretender Hirsch bezeichnete den Ort zur Ausführung des gottgefälligen Werkes. Die Stiftungs-Urkunde bezeichnet das Jahr 777 n. Eh. als den Anfang der Geschichte Kremsmünsters, des Münsters (monasterium) an der Krems. Aach der Absetzung Thassilos, der durch dieses Kloster das christliche Culturleben unter der damaligen slavischen Bevölkerung in weitem Umkreise fördern molite, bekam das Stift durch Karl den Großen und seine Nachfolger in der karolingischen Ostmark einen sehr ausgedehnten Bereich seiner Wirksamkeit; besonders zur Zeit des Kaisers Arnulf war Besitz und Einfluss Kremsmünsters ein ungewöhnlicher. Die Magyaren verödeten die Ostmark, brannten auch das Kloster an der Krems nieder, unterbrachen die Reihenfolge der Äbte; doch dauerte die Körperschaft in zerstreuten Mitgliedern fort, ivelche einen Theil des Besitzes für spätere, günstigere Zeiten rettete. Kaiser Otto I. weist urkundlich nebst anderen Klöstern auch das unsrige dem Bischof Piligrin von Passau zu als Entschädigung für all das, was die Ungarn dem Bisthnm an Schaden zugefügt hätten (972 ob. 973). Kaiser Heinrich II. bestimmte den heiligen Gotthard als Abt im Jahre 1007 und stellte hiemit das Kloster wieder her. Zu den Bewohnern des Klosters selbst gesellte sich in der Umgebung eine an Zahl zunehmende Bevölkerung, welche mit dem Stift die großentheils günstigen Geschicke bis in das 14. Jahrhundert theilte. Als Dorfgemeinde wenigstens (vicus) wird dem Orte Kremsmünster die Haltung dreier Jahrmärkte 1382 durch eine Urkunde Herzogs Albrecht III. mit dem Zopf zugestanden unter Abt Martin II. von Pollheim. Abt Wolfgang I. Widmar erlangte 1488 oder 1489 von Kaiser Friedrich III. mittels Diploms die Erhebung des Dorfes (vicus) zu einem Markte (oppidum) mit zwei Jahrmärkten zu Pfingsten und Agapiti, jeder zu vier Tagen, und einem Wochenmarkt am Mittwoch. Abt Johann I. Schreiner erwirkte es, dass die hier zahlreichen Messer- und Klingenschmiede, Schienen­ macher und Schleifer 1510 eine Gilde oder Zunft errichten durften. Kaiser Max I. stattete diese Gilde oder Innung in der nämlichen Urkunde mit Freiheiten aus. Diese Blüte der Eisen-Industrie ist bei uns wieder verschwunden. 1548 entstand unter Abt Gregor Lehner das Gymnasium oder die lateinische Schule. 1550 berief der nämliche Äbt Leute aus "Nürnberg, ivelche eine Papiermühle — die älteste des Landes — in der Landwied einrichteten Im November 1596 lagerte in Ober- und Unterburgfried unter Führung des Johann Gungendorfer, genannt der Salig, eine Schar aufrührerischer Bauern und wollte das Stift in Brand stecken und plündern; doch den besonnenen Verhandlungen Johanns in. Spindler gelang die Abwendung dieser Gefahr; auch regelte der nämliche Stifts-Vorstand in einem nachgiebig milden Vergleich 1598 die Verhältnisse zwischen Stift und Unterthanen. Dieses Beispiel befolgten auch andere Gutsherr- schäften Oberösterreichs. Um 1610 wurden vom Passauer-Kriegsvolk unter Laurenz Ramee 4 Häuser im Markt niedergebrannt, das Stift wiederholt angegriffen, doch durch anrückende Truppen befreit; Abt war damals Alexander I. a lacu, dem sich kurz vor seinem Tode (1613) die Aussicht auf die Cardinals - Würde darbot. Der gerade anwesende Kaiser Matthias schlug den Mönchen Kremsmünsters den ausgezeichneten Abt von Wilhering, Anton Wolfradt, vor, dessen sechsundzwanzig­ jährige Leitung zu den wichtigsten und glanzvollsten Zeiten des Stiftes gehört. 1623 wurde dieser Abt Präsident der Wiener Hofkammer (Finanzminister) durch das Vertrauen des Kaisers Ferdinand II. Im bekannten Bauernkriege 1626

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