Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

9 und in Comitate ausgelöst; die große Masse der Genieinfreien ist verschwunden; das Lehenrecht hat sich in das Gerichtslehen verwandelt und der Heerbann in ein Lehenheer umgestaltet. Diese Auslösung der Gauverfassung hat sich schon zu Anfang des 10. Jahr­ hunderts vollzogen, wie sich aus der Wahrnehmung ergibt, dass schon in dieser Zeit nicht selten mehrere Grasen zugleich in einem Gau imt> auch ein und derselbe Gras in mehreren Gauen auftreten. Um diese Zeit war der Traungau nicht mehr !vie unter den Karolingern als Hinterland mit der Ostmark verbunden, denn keine Urkunde ertvähnt irgend einer Amtsthätigkeit der östlichen Markgrafen, der Babenberger, und Ivir müssen das Gebiet des Traungaues als Besitz eines großen Geschlechtes betrachten, tvelches man nachmals als die Grafen von Wels und Lambach bezeichnete, und welche nur am richtigsten die Traunganer nennen können. Graf Meginhard, in dessen Comitate im Tranngau laut Urkunde vom 29. April 930 fünf Huben am Filsbache dem Erzstifte Salzburg vertauscht Hunten, ist der erste urkundlich nachweisbare Ahnherr der Grafen von Lambach und wohl auch jener von Formbach; er ist vielleicht der letzte Traunganer Gangraf, dessen Gebiet aber im Jahre 930 schon Comitatsbil- dung zeigt. Das Comitat der Arnolde von Lambach dehnte sich vom Hörzingerwalde an der Grenze der Pfarre St. Ägidi und Natternbach bis an den Almsee und das Todtengebirge, vom Hausruck bis zur Krems, vom Zusammenflüsse der Ager und Böckla bis auf den Kasberg ans. Wenn der Rebgau unbedenklich als Besitz der Lambacher erklärt werden kann, das Salzkammergut ein Bestandtheil des Traunganes >var und das nordöstliche Traunviertel dem Comitate der Lambacher zugewiesen werden muss, so ist daraus ersichtlich, welche umfangreiche Herrschaft sie besaßen, und dass die Styraburg nur von ihnen erbaut worden sein kann, weil ihr Gebiet bis an die Steyr und Enns reichte und sie im Jahre 1030 auch die Verwaltung der Kärntner- mark erhielten, während die Otakare erst nach dem Jahre 1055 Besitz im Traungau und in der ihnen verliehenen Kärntnermark erlangt haben, als Graf Arnold IL. von Lambach solvie zwei seiner Söhne gestorben und der Lambachische Besitz ausgetheilt >var. Der Besitz diesseits und jenseits der Traun und in der Kärntnermark siel verwandtschaftshalber an den chiemgauischen Grafen Otakar, tvelchem auch die Ver­ waltung der Mark übertragen wurde. Mit ihm tritt ein neues Geschlecht auf den historischen Schauplatz, welches man richtig als die chiemgauische Dynastie bezeichnen muss. 5. Die Otakare?) Die edlen Otakare, welche erst um die Mitte des II. Jahrhunderts Besitzungen im Traungau erben, schnüngen sich bis zur markgräflichen und herzoglichen Würde in Steiermark empor. Ihre Bedeutung beginnt mit Otakar I. (nach Pritz V.), welcher zuerst im Jahre 1048 als treuer Anhänger des Kaisers Heinrich 111. geschichtlich auftritt und diesem im Feldzüge gegen Ungarn Heeresfolge leistet und dafür im Jahre 1050 zum Markgrafen in der obern karanthanischen Mark ernannt wird, weil dieses Reichslehen durch den Tod Gottfrieds aus dem Geschlechte der Lambacher frei geworden und Otakar als Blutsverwandter der Lambacher laut Vertrag die Besitzungen im Enns- und Paltenthale erbt. Otakar I., der im Jahre 1059 das letztem«! urkundlich erscheint, ist der Gründer des Klosters Garsten. Sein Sohn Otakar II. nennt sich bereits „Markgraf von Steyr." Die Mark selbst N'ird „Steiermark" genannt und die Besitzungen der Otakare im Traungau bilden einen Bestandtheil derselben. Ihr Gebiet erreichte in Oberösterreich bei Enns *) Strnadt: „(Geburt des Landes ob der Enns." - Pritz: „(beschichte der Stadt Steyr." — Edlbacher: „Landeskunde von Oberösterreich."

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2