Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

191 Das letzte Haus in der Sierningerstraße ist das städtische Mauthaus; rechts von demselben zweigt die 1889 angelegte 3! e u st raste ab, deren sämmtliche Häuser der Waffensabrik gehören. Schreitet man aus der Straße nach Sierning iveiter, so erblickt man rechts am sogenannten Steinseld ein kleines Föhrenwäldchen. Hier stand einst das Hoch­ gericht der Stadt Steyr. Wegen desselben hatte die Stadt mit der Herrschaft Steyr manchen Strauß auszusechten. Als es, morsch geworden, 1523 umbrach, richtete die Stadt eS neu auf; doch der Pfleger der Herrschaft Steyr, Achaz Hohenfelder, ließ es umhacken, lvorauf es die Stadt abermals aufrichten ließ und im Streite mit der Herrschaft Recht behielt. Als man dasselbe 157 3 abermals erneuerte und weiter gegen die Stadt in das innere Steinseld rückte, brach der alte Streit mit der Herrschaft ivieder los; doch auch jetzt blieb die Stadt bei ihrem Rechte. Damals begrub man die Apollonia Schreinhuber lebendig unter demselben und schlug ihr einen Pfahl durch den Leib, iveil sie ihr Kind gemordet hatte. An der 'Abzweigung des Weges von der Straße zum „F ö h- r e n s ch a ch e r l" steht ein altes, in jüngster Zeit reno­ viertes Bildstöckel mit vier Haut-Reliefs in rothem Marmor, bei welchem die zur Richtstätte geführten Delinquenten ihr letztes Gebet verrichten durften. Nun hält die Bürgergarde int Föhrenschacherl ihre Übungen ab. Am Stein­ seide stand einst auch ein Pulverthurm. Der Pulver­ stampf befand sich an der Steyr, jetzt Wassensabriks- object jir. IV. Durch eine Explosion wurde der Pul- verstamps im Jahre 1751 zerstört und der zerrissene Körper des Pulvermachers Dankhuber in die Steyr geschleudert. Wenden wir uns zurück und schreiten nur beim Mauthause den A n n a b e r g hinab, so liegt linker Hand das dem „Milden Versorgungssonde" gehörige öffentliche Krankenhaus St. Anna, einst Planzenhos genannt. Als 1679 in Steyr das Einbrechen der Pest aus Niederösterreich gewärtigt lvurde, erkaufte die Stadt vor­ sorglich den Planzenhos zu einem Lazarethe. 1755 erhielt der Stadtrichter Bernhard Großrucker vom Magistrate die Erlaubnis, hier eine Kapelle erbauen zu dürfen, und da für diesen Zweck mehrere Legate gemacht lvurden, begann man den Bau, vollendete ihn auch bald und weihte die Kapelle der hl. Anna. Von 1764 bis 1765 stiftete man auch ein Beneficium dazu, welches von Passan bestätigt lvurde. Für den Benesiciaten, der jetzt das Haus Annaberg Nr. 6 bewohnt, legte man damals 4000 fl. zu 4°/o an. — Da das Krankenhaus im Lause der Zeit sehr baufällig geworden lvar, so wurde eS int Jahre 1847 fast neu aufgebaut und zlvei Jahre später die Krankenpflege den barmherzigen Tchlvestern vom Orden des hl. Vincenz von Paul aus dem Mutterhause in Wien übergeben. Der Orden übernahm den Planzenhos als eine Local-Krankenanstalt mit der stiftsbriefmäßigen Bestimmung, in dieselbe die Taö Tchnallenthor. Von Kulstrunk.

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