Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

183 Das Mauthaus in der Langen Gasse Nr. 44 zeigt an der Wand eine Nach­ bildung des Fresko, das einst das Ennsthor schmückte und angeblich auf die Ent­ stehungssage der Stadt Bezug hatte, welches auf Veranlassung des 8. Kestenberger, ehemaligen Besitzers des Kaiserhofes in der Sass, woselbst ähnliche Fresken zu sehen sind, hergestellt wurde. Das Ende der Langen Gasse bildet der Engelshof, ein großes, schönes Gebäude, in welchem sich einst eine Kapelle befand. Der Hof kommt schon im 13. Jahrhundert im Steuerbuche Österreichs unter dem Namen „Hof auf der Enns­ leiten" vor. Er gehörte im 16. Jahrhunderte den Herren Engeln von Wagrain, Bürgern von Steyr, von welchen er den Namen erhielt, gelangte hierauf in den Besitz der Stadt, die ihn 1682 den Jesuiten um 3000 fl. verkaufte, welche den großen Garten zum Unterhaltungsort für die Studierenden machten. Das Einstands- recht und die landgerichtliche Jurisdiction hatte sich jedoch der Magistrat vorbehalten. Als im Jahre 1761 durch das Hochwasser vom 14. Au­ gust alle drei Brücken weggerissen waren und die Verbindung mit Ennsdorf aufgehört hatte, fuhren zwei Priester von Garsten über die Enns in diese Vorstadt hinüber und hielten durch sechs Wochen in der Kapelle des Engelshofes Gottesdienst. Der Engelshof kam nach Auf­ hebung des Ordens 1773 wieder an die Stadt und wurde 1778 au Josef Rienzhoser verkauft, dessen Witwe ihn noch 1837 besaß. Hierauf gelangte er an I. Nnnzinger und ivurde „Nun- zinger-Schlössel genannt. Gegenwärtig besitzt ihn Karl Reder, Chef einer großen Holzhand­ lungsfirma. Nicht iveit vom Engelshof ergießt sich der Namingbach, der die Grenze gegen Nieder- österreich bildet, in die Enns. Er ivird schon im 11. Jahrhundert erwähnt. Hier steht auf einem Hügel ein großer Bauernhof, dieFisch- hueb genannt, dessen Name schon im 13. Jahr­ hunderte als „Fischehueb im Ennsdorsfe" er­ scheint. Hier erblickt das geübte Auge alte Schanzen und Bastionen, die nebst Blockhäusern und Pallisaden 1520 gegen die Türken errichtet, 1620 im Ausstande des Landes gegen K. Fer­ dinand II., 1626, als die Bauern unter Stephan Fadinger Steyr besetzt hatten, 1683, als man die fürchterlichen Streifzüge der Türken abermals erwartete, und 1703 immer wieder erneuert wurden. Wenden wir uns nun wieder zurück und überschreiten von Zwischenbrücken aus die S t ey r b r ü cke, die einst auf der Stadtseite durch das starke Steyrthor geschützt >var, welches jedoch 1829 abgebrochen wurde, so gelangen wir auf den Michaelerplatz in Steyrdorf. Links von der Brücke steht das Pfarrhaus der Vorstadtpfarre, an welches sich das an der Flussseite das Stadttvappen tragende Bürgerspital, jetzt Unter­ standshaus für verarmte Bürger und deren Witwen mit einem Belegraum für 40 bis 50 Personen, anschließt. Das Bürgerspital ist ein uraltes Gebäude und scheint ursprünglich den Johannitern gehört zu haben, ivelchen „Wecilo von Steyr", aus dem Geschlechte der Gundakare von Steyr, um 1170 hier ein Haus schenkte. In den um 1262 geschriebenen Steuerbüchern Österreichs tvird die Spitalmühle angeführt. Der Brand von 1302, der auch das Schloss Snnlenkopf und Täulciifiist aus 6cm Büracrsvital. Von S. Kulstrunk,

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