Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

176 Albrecht II. hatte der Stadt im Jahre 1347 die Abhaltung eines Jahrmarktes und Herzog Albrecht V. 1422 das Anschlagen von Markthütten am Stadtplatze erlaubt; Kaiser Leopold gestattete 1699 die Abhaltung von zwei Jahrmärkten; die Privilegien bezüglich des Wochenmarktes und der beiden Jahrmärkte wurden das letztemal von Kaiser Josef II. bestätigt. Seit wenigen Jahren werden jedoch die Jahrmärkte nicht mehr am Stadtplatze, sondern am Karl Ludwig-Platze abgehalten. Im Jahre 1818 erhielt die Stadt das Privilegium, jährlich zwei Vieh- und Pferdemärkte abhalten zu können. (19. März und 10. October.) Sehenswert ist der in den Wintermonaten jeden Donnerstag abgehaltene Schweinemarkt am Ennsquai, wo oft an 1000 Stück geschlachtete Schweine zum Verkaufe ausgeboten werden. Die an den Stadtplatz anschließende Gasse, der Grünmarkt, hieß früher „Grünort" und ist erst seit Beginn des 15. Jahrhunderts verbaut. Das erkergeschmückte Haus Nr. 2 ist der Sitz der k. k. Bezirkshauptmann­ schaft des Landbezirkes Steyr. Dieses früher Geymannische, dann Monspergerische Haus wurde im Jahre 1628 durch die Innerberger Hauptgewerkschaft von der Familie Pfeffert angekauft, worauf sich in demselben die Kanzlei und Eisenniederlage befand. Hier war nach der Josefinischen Reform der Geiverkschaft das k. k. Berggericht für das Land ob und unter der Enns unter einem Bergrathe, und dann seit 1850 die aus demselben gebildete Berghauptmannschaft untergebracht, ivelche 1859 nach St. Pölten übertragen wurde. Das Ende des Grünmarktes bildet das Neuthor, eigentlich ein Doppelthor; eines führt zur Brücke über die Enns, der Neubrücke, welche 1524 das erstemal aus Holz erbaut und 1892 durch eine Eisenconstruction ersetzt wurde, das andere zur Vorstadt Reichenschwall hinab. Das Ganze ist ein massives Gebäude aus Quader­ stücken, im Jahre 1573 als fester Damm gegen die heranstürmende Enns erbaut, die 1572 hier hereinbrach, viele Gebäude niederriss und der Wasserseite der Stadt großen Schaden zufügte, wie ein Chronographicon an der wappengeschmückten Brücken­ seite kundgibt. Es ivurde unter Anleitung des berühmten Wasserbaumeisters Hans Gasteiger aus Tirol erbaut, der auch die Enns von Hieflan an schiffbar machte und drei künstliche Holzrechen in Hieflau, Kleinreifling und in der Palfau erbaute. Seit 1850 ist in dein Neuthorgebäude der k. k. Gendarmerieposten untergebracht. — Im Jahre 1892 fand man im Ennssande beim Nenthore eine große römische Bronzemünze. (Trajan. Im Reverse eine weibliche Figur, den Caduceus und ein Füllhorn haltend. Umschrift: FELICITAS AVG SC.) Neben dem Nenthorgebäude stellt der ehemalige Getreidekasten, dann Eisen­ niederlage der Innerberger Hauptgewerkschaft, mit bemerkenswerten Sgraffitodecora- tionen an den Fenstern. Es gehört nun der Waffenfabriks - Gesellschaft und dient als Eisenmagazin. Neben diesem Gebäude führt die Pfarrstiege, ehemals Schmied­ stiege, zur Pfarrkirche empor. Neben der Pfarrstiege standen einst zwei Kapellen übereinander, die obere zu Ehren der hl. Dreifaltigkeit, die untere — auch Gruft genannt — dem Erzengel Michael und dem hl. Sebastian geiveiht. Der Stifter derselben war Siegmund Traindt, Rathsbürger, der sie 1479 erbaute; er starb 1492 und wurde in ihr nebst seiner Gattin Agnes begraben. Im Jahre 1662 durch ein Erdbeben ruiniert, wurde sie ivieder hergestellt, unter Kaiser Josef II. 1786 gesperrt und zu Anfang dieses Jahrhunderts niedergerissen. Der Beneficiat hatte sein Haus in der Pfarrgasse. Die Stadtpfarrkirche ist wohl das herrlichste Baudenkmal Steyrs und mit Ausnahme des noch nicht vollendeten Linzer Domes die schönste Kirche Oberösterreichs. Aus ivetterfesten Quadern in gothischem Stile aufgeführt, mit Spitzbogen und Thürmchen reichlich verziert, schmiegt sie sich an den jugendsrischen, tannen­ schlanken Thurm an, den ihr die Bewohner Steyrs jüngst erbaut haben. Der Bau selbst sowie die innere Einrichtung wirken harmonisch und erhebend auf die Seele des Beschauers. Zwölf schlanke, reichgegliederte Säulen, mit Heiligen­ statuen besetzt, tragen das hohe kunstvolle Gewölbe und begrenzen zugleich das

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