Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

172 überließ, von dem sie zwei Jahre spater durch Kauf an den Stadtrichter Siegmnnd Kappenfuß übergieng; allein 1478 übergab Kaiser Friedrich 111. dieselbe sammt den dabei befindlichen Schleifen der Stadt Steyr. Die Stadt musste sie zwar 1484 seinem Diener Wolfgang Wiener übergeben, erwarb sie aber 1490 nebst einem Hause am Berge, das früher den Herren von Wallsee gehört hatte, gegen jährliche Bezahlung von 50 Pfund Pfennig wieder zurück in ihren Besitz mit der Erlaubnis, dieselbe zu befestigen. Bon der Mühle diente man einst 1 Muth Weizen, 1 Muth Korn und 18 Schilling auf das Schloss. Als 1533 die Stadt das begehrte kaiserliche Darlehen nicht zahlen konnte, drohte der Bicedom Erasmus Hacklberg mit Repressalien und verlangte die Privilegien bezüglich der Mühle und der Schleifen. Auch ein Enkel des Kappenfuß erhob Ansprüche auf die Mühle, doch ohne Erfolg. Als 1613 in der Mühle Feuer ausbrach, war die Stadt in großer Gefahr, da das Ennsthor als Pulverthurm diente. Bezeichnend für die abergläubischen Ansichten jener Zeit ist folgender Vorfall: Der Müller wurde von der Zunft beim Magistrate verklagt, dass er Zauberei treibe, damit das Mahlen besser gelinge, und er gestand auch ein, er habe ober der Thür der Mühle ein Holz von einer Hollunderstaude aufgesteckt, worin ein junger Bienenstock zum erstenmal geschwärmt habe. Die Müllerzunft wollte ihn für untüchtig erklären und aus ihrer Btitte weisen, aber das Stadtgericht verurtheilte ihn zu 50 Reichsthaler Strafe und zur Ausstellung eines Reverses, in Hinkunft sich keines solchen Zaubermittels mehr zu bedienen. — Jetzt ist die Heindlmühle Object XII der Waffenfabrik. Der Ennsbrücke gegenüber befinden sich mehrere der Stadt gehörige, dem Felsen, auf dem sich das Schloss Steyr erhebt, im Jahre 1829 abgerungene Verkaufsgewölbe. Das erste Gebäude in der engen Gasse oder Enge links (Nr. 1) mit einer zier­ lichen Bogenreihe unterhalb des ersten Stockwerkes ist die Apotheke zum Löwen des Emil Göppl, an welches Haus sich eine historische Erinnerung knüpft. Am 24. December 1800 rückten abends auf der Straße von Kremsmünster her französische Truppen zunächst bis zur Steyrbrücke, plünderten theilweise die Vorstädte und zogen gegen 11 Uhr nachts in die eigentliche Stadt selbst ein. Ihr Commandant General Richepanse quartierte sich im Schlosse ein. Am 25. December unterhandelte der österreichische General-Adjutant des Erzherzogs Karl, Graf Grüne, mit dem franzö­ sischen General-Adjutanten Lahorie in der Wohnung des Dr. Hafner im Göppl'schen Hause und brachte einen Waffenstillstand auf 45 Tage zum Abschlüsse, der im Schlosse durch den General Richepanse unterzeichnet wurde und zum Frieden von Luneville führte. Das erste Haus rechts (Nr. 2) bezeichnet eine Gedenktafel als „B lnmau er 's Geburtshaus". — Alois Blumauer wurde in diesem Hause ant 21. December 1755 als Sohn eines Gschmeidlers (Händlers mit kleineren Eisenwaren) geboren, studierte am Jesuitengymnasium in Steyr, trat 1772 in Wien in den Jesuitenorden, der 1773 aufgehoben wurde; nachdem er sich anfangs durch Privatstunden seinen Unterhalt erworben, erhielt er die Stelle eines Hofcensors, die er 1793 niederlegte, um die Gräffer'sche Buchhandlung zu leiten. Er starb schon am 16. März 1798. Sein berühmtestes Werk ist die Travestie der Aeneide: „Abenteuer des frommen Helden Aeneas." Die letzte Auflage seiner Werke erschien 1871 in 3 Bänden in Leipzig. Die Gemeindevertretung hat dem berühmten Sohne der Stadt zu Ehren im Jahre 1880 die hinter dem Schlossparke zu den Waffenfabriken führende Gasse in Voglsang „Blumauergaffe" genannt. In der Enge, einem der Brennpunkte des Verkehres, werden die Erdgeschosse der Häuser durchwegs von Läden eingenommen. Am Ausgange dieser Gasse ist das Haus Nr. 31 durch Überreste gothischer Baukunst bemerkenswert. Am Stadtplatze sind zu erwähnen rechts das Haus Nr. 6 des Kaufmannes I. Kraker mit hübschen Reliefs in den Fensterfüllungen; Nr. 12 des Kaufmannes E. Eßletzbichler; Nr. 14 des gewesenen Eisenhändlers I. Amort, im Innern durch seine spätgothische Bauart, besonders durch zwei übereinandergestellte, von gothischen Säulen getragene Corridore höchst interessant; in Nr. 16 wohnte der

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2