Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

171 Waisenhaus, das allgemeine Krankenhaus, das im Jahre 1892 eröffnete Volksschul­ gebäude in der Wehrgrabengasse, das ebenso alte, geräumige Arbeiterheim, eine große und praktisch eingerichtete Schwimmschule, die Gasfabrik, die f. k. vereinigte Fachschule und Versuchsanstalt für Eisen- und Stahlindustrie, der Bahnhof der Steyrthalbahn u. dgl. Als Abschluss int Westen der Stadt behauptet noch das ehemals zu Festungs­ zwecken dienende sogenannte Schnallenthor seinen Platz. Die Stadt Steyr liegt unter 48° 4' 45" nördlicher Breite und 31° 59' 30" östlicher Länge, in einer Seehöhe von 311 Bietern (Bahnhof). Die Stadtgemeinde zerfällt in die eigentliche Stadt und in die Vorstädte Reichenschwall und Ort am linken, Schönau und Ennsdorf am rechten Ennsufer, Voglsang am rechten, Steyrdorf, bei der Steyr, Wieserfeld und Aichet am linken Steyrufer. Die Stadt zählt 1082 bewohnte Häuser, welche 6 Plätze — Stadtplatz, Franz Josef-Platz, Karl Ludwig-Platz, Michaelerplatz, Wieserfeldplatz und Brundlplatz — einschließen und 87 Gassen bilden. Im Jahre 1776 hatte Steyr nur 748 Häuser. Das ganze Stadtgebiet hat ein Ausmaß von 4 287101 km8. Fast jedes kleinste Dörflein hat in seiner Gemarkung etwas aufzuweisen, woraus die Bewohner stolz sind, weil sich daran eine Sage knüpft oder dasselbe vielleicht Zeuge eines geschichtlichen Ereignisses war. Gewöhnlich ist's ein Gebäude, eine Statue, oft muss es auch ein Stein thun. — Die alte Eisenstadt, wie Steyr mit Vovliebe genannt wird, die ihre Entstehung in's zehnte Jahrhundert znrückleitet, die dem Zahn der Zeit getrotzt, die oft bis in's Mark von den Furien des Krieges erschüttert oder von der Pest und andern Seuchen heimgesucht wurde: — auch sie hat solche Zeichen aus alten Zeiten aufbewahrt Diese alle anzuführen und eingehend zu heschreiheu, würde den Rahmen dieses Buches überschreiten; es soll daher mir das Wichtigste hier seinen Platz finden und aus einem Rundgange durch die Stadt besprochen werden, bett wir aus betn Platze „Zwischenbrücken" beginnen. An Stelle der 1891 gebauten zierlichen eisernen Ennsbrücke, die den Verkehr mit Ennsdorf und zum Bahnhöfe vermittelt, befand sich früher eine hölzerne Brücke; der Brückenkopf auf der Stadtseite >var durch ein mächtiges Thor, das Ennsthor, geschützt. Auf der Stadtseite desselben war neben dem steyrischen Panther der österreichische Doppeladler mit F. L, auf der anderen Seite zwei geharnischte Ritter mit offenem Visiere abgebildet; jeder hielt einen Schild und eine Fahne; der erste mit Österreichs Farben, weiß und roth, im Schilde zwei silberne Balken im rothen Felde, dem Wappen des Landes; der andere führte auf seiner gelben Fahne und im Schilde F. III. (Kaiser Friedrich III.). Darüber war die Jahreszahl 1489, die Vollendung des Thores andeutend, angebracht. Vom Ennsthore führten die Stadtmauern am Quai zum Reuthore, von diesem aufwärts zum Pfarr- und Gilgen­ thore und zogen sich von hier längs des Franz Josef-Platzes zum Schlosse hin. Von diesen Befestigungswerken hat sich nur das Neuthor und ein Thurm beim Pfarrhofe erhalten, während alles andere dem Drange der Zeit weichen musste. In Zwischenbrücken sehen wir den hohen Wasserthurm, der um 1572 von Michael Aidn erbaut wurde. In demselben wurde früher durch ein Pumpwerk das Wasser der Steyr hoch empor in einen Kessel getrieben, von wo es sich dann in andere Röhren ergoss und die Brunnen ans dem Stadtplatze speiste. Seit dem großen Brande 1824 verrichtet denselben Dienst eine einfache Maschine durch horizon­ talen Druck in die Leitungsröhren, hergestellt von Dominik Staffelmayr, Glockengießer in Steyr. Nebenan steht die Heindlmühte. — Diese Mühle gehörte einst dem edlen Geschlechte der Preuhafen, doch Markart der Preuhafen trat sie 1287 dem Herzog Albrecht I. ab. Später kam sie in den Besitz der Pandorfer; Wolfgang Pandorfer aber verkaufte sie 1463 an Herzog Albrecht VI., der sie in demselben Jahre um 1000 Goldgulden an den Pfandinhaber der Herrschaft Steyr, Georg von Stein,

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