Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

169 ebenso zeugt, wie der alles überragende, majestätische gothische Thurm der Stadt­ pfarrkirche vom Kunst- und Edelsinne der Bürgerschaft. Zur bleibenden Erinnerung an das 40jährige Regierungsjubiläum Sr. Majestät wurde der Bau einer Jndustriehalle beschlossen, und hat der Verein der Schulfreunde den Kaiser Franz Josef-Knabenhort gegründet; im Jahre 1892 wurde die neue Doppelvolksschule in der Wehrgrabengasse eröffnet, von der österreichischen Waffen- fabriks-Gesellschaft das schöne, geräumige Arbeiterheim erbaut und im Jahre 1893 die elektrische Beleuchtung eingeführt. Hohe Intelligenz, großes Capital, der Hände Fleiß und echter Bürgersinn ver­ binden sich zur Förderung des Wohlstandes der Stadt und zur Sicherung desselben für die Zukunft; Saaten werden ausgestreut, deren Ernte unser ahnender Geist selbst über die Sarkophage hinaus noch fortreifen sieht, und beglückende Zuversicht darf die Bewohner der fast tausendjährigen Stadt Steyr erfüllen; denn die Thaten und Verdienste der Ahnen werden als Musterbilder leuchten den spätesten Rach- kommen zur dauernden Erhaltung deutschen Geistes und edler Gesinnung. 3. Topographie mtfr Cullrrrbild von Steyr?) Dort, wo die Steyr ihr frisches Wasser mit den Wellen der Enns vereinigt, wo zwei wichtige Flussthäler zusammentreffen, liegt gleichsam als ihre Schirmherrin die Stadt Steyr. Im Osten und Süden umgrenzen sie die letzten Erhebungen der Alpen, im Westen und Norden hingegen verflacht sich die Gegend bis zum nahen Donauthal. Üppiger Culturboden bedeckt die Ebenen, dichte und wildreiche Wälder zieren die Hügel, belebte Verkehrsstraßen reichen sich hier die Hände, und eine emsige Bevölkerung athmet die reine, gesunde Luft dieser herrlichen Landschaft. Knapp am Vereinigungspunkte der zwei Flüsse erhebt sich ein felsiger Hügel, und darauf thront die mächtige, einst vielbesungene „Stiraburg." Um diese dicht gedrängt, wie die Küchlein an die Henne, stehen die Häuser der Stadt Steyr. Burg und Hügel theilen Steyr in zwei Theile. Jene und die Enns umsäumen die eigentliche Stadt. Davor liegen am rechten Ufer der Enns die Vorstädte Ennsdors und Schönau. Schöne eiserne Brücken, hergestellt im Jahre 1892, vermitteln den Verkehr mit diesen Vorstädten. Einen überraschenden Anblick gewährt der Stadtplatz. Hohe steinerne Häuser stehen da, ernst, doch nicht unfreundlich blicken sie darein, viele sind mit Erkern versehen oder mit Wappen, Reliefs u. dgl. verziert. Mächtige Giebeldächer, auf­ steigend zu einer seinen Spitze, damit der Schnee nicht halte, ragen gen Himmel. Dies alles, dazu das ehrwürdige Rathhaus mit seinem Uhrthurme, der Brunnen, die mächtige gothische Kirche, deren Thurm hoch über die Häuser emporragt, und dazwischen die engen, krummen und hügeligen Gassen und Gässchen zeigen, wie sehr Steyr seinen mittelalterlichen Charakter bewahrt hat. Gleichlaufend mit dem Stadtplatze, auf dem eingangs erwähnten Hügel, zieht sich vom Schlosse bis zur Kirche die Berggasse. Die Zugänge zu ihr vermitteln aus der Enge die Blumauergasse, aus dem Stadtplatze und Grünmarkte mehrere Stiegengässchen und die Pfarrgasse. Parallel zur Berggasse zog sich ehedem ein *) Urkundenbuch von Oberösterreich. — Prevenhuber: „Annalen." — Pritz: „Geschichte von Steyr." — Widmann: „Fremdenführer für Steyr und Umgebung." — Strachowsky: „Die Werke der österreichischen Waffen- fabriks-Gesellschaft." — Kankelsdorfer: „Das k. k. Feldjäger-Bataillon Nr. 3 im Kampfe mit Österreichs Gegnern." — Berichte der Handels- und Gewerbekammer von Linz. — Stadtarchivs

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