Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

164 Auslande zufloss. Die zerstörten Stadttheile wurden in unglaublich kurzer Zeit solid und ganz feuerfest wieder aufgebaut, die meisten Häuser vergrößert, die im Wieserfelde (Zwetschkenparadies) gestandenen vielen Obstbäume zum Behufe der Planierung des Platzes umgehauen und im nächsten Jahre von der Stadt die drei alten Thore am Ende der Kirchen-, Gleinker- und Sierningergasse eingelöst und demoliert. Auch der uralte neben der Stadtpfarrkirche gestandene Thorthurm, sowie das äußere castellartige Pfarrthor (Gilgenthor) musste fallen, um einem neuen hübschen Hause und weiteren Verschönerungen Platz zu machen. Die Stadt erhielt dann 1847 eine Zierde durch ein neues Kreisamtsgebäude, welches an Stelle einer alten Kaserne auf dem Stadtplatz erbaut wurde. Seine k. k. Hoheit der durch­ lauchtigste Erzherzog Franz Karl, präsumtiver Thronfolger, geruhten. Höchsteigen­ händig den Grundstein zu legen. Diese feierliche Ceremonie vollzog sich dadurch, dass Se. k. k. Hoheit in einen Pfeiler des Kellergewölbes einen vorher geweihten Stein selbst einmauerte. Die Bürgercorps von Enns, Hall, Ebelsberg und Steyr, sowie das Sierninger Schützencorps verherrlichten diese Feier und defi­ lierten dann vor dem kaiserlichen Prinzen, der sich auf den Balkon des Rathhauses begeben hatte. Die Bürger der Vorstadt Vogl­ sang hatten in diesem Jahre die freie Passage durch das Schloss, welche durch Einziehung des früher immer frei gewesenen Johannes­ platzes zum Schlossgarten und dessen Abschließung seit 3 Jahren gehemmt worden war, im Process- wege wieder errungen. Im Monat Mai fand die feierliche Eröffnung der „Kleinkinder - Bewahranstalt" und am 1. October jene eines „zweiten Jahrganges" der 4. Classe an der Kreishauptschule statt. Die große Umwälzung des Jahres 1848 war auch für Steyr von bedeutendem Einflüsse. Nach der vom Kaiser Ferdinand I. am 14. und 15. März bewilligten Errichtung einer Nationalgarde in Wien, nach erfolgter Pressfreiheit und Verleihung einer Constitution wurde auch in unserer Stadt, nachdem am 17. März die ersten Vorfälle aus Wien bekannt geworden ivaren, auf Veranlassung des damaligen Bürgermeisters, Haidinger, als Obersten des Bürgercorps für Ver­ stärkung des letzteren durch Freiwillige gesorgt und eine aus Infanterie und Artillerie bestehende Nationalgarde gebildet zum Schutze der persönlichen Sicherheit, als auch des Eigenthums, des Staates, der Gemeinde und der Privaten. Nach den Feier­ lichkeiten aus Anlass der Verleihung einer Constitution wurde die Wahl eines Abgeordneten für den Reichstag in Frankfurt vorgenommen, und diese traf den in Steyr geborenen Professor Ferdinand Redtenbacher in Karlsruhe, welcher aber dankend ablehnte, worauf der gewählte Ersatzmann, Camillo Wagner, Assessor beim k. k. Berg­ gerichte in Steyr, sich nach Frankfurt begab, ivo im Mai der Reichstag seine Wirk­ samkeit begann. Für den Reichstag in Wien, welcher am 26. Juni eröffnet werden sollte, hatte Steyr den k. k. Berggerichts-Assessor in Klagenfurt, Emil Vacano, als Deputierten gewählt. Eine rührige Zeit war damals für Steyr; die Nationalgarden machten Übungsmärsche, besuchten einander, hielten Verbrüderungs­ feste und fröhliche Gelage. Das Jntereffe für die Ereignisse auf den Kriegsschau- Tas Theater. Von F. Kulstrunk.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2