Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

IGO und Verwaltung ein neues Leben; auch in Steyr wurden wichtige Reformen vor­ genommen: 1781 erhielten die hiesigen Nonnen die Aufforderung, den Unterricht der weiblichen Jugend zu übernehmen, und sie erbauten mit Hilfe der Stadt das an ihr Kloster anstoßende Schulgebäude, die heutige Mädchenschule in der Berggasse. 1783 ward die Eisen-Obmannschaft in ein f. k. Berggericht für Österreich ob und unter der Enns verwandelt und das f. k, Kreisamt des Traunviertels von Trauneck hierher verlegt; 1784 wurde das Armeninstitut eingeführt, die Exjesuitenkirche zu einer Vorstadtpfarrkirche erhoben und die Spitalkirche zum Pfarrhofe für diese Pfarre umgestaltet; dann erfolgte die Aufhebung des benachbarten Benedictiner- klosters in Glcink und des hiesigen Nonnenklosters. Die Gebäude des letzteren kaufte die Gemeinde zur Unterbringung eines Theaters, einer Arbeitsanstalt (Spinn­ haus) und der Gefängnisse. Der Mädchenschule iourden weltliche Lehrer vorgesetzt; 1785 wurde das Dominicaner-, 1780 das Kapuzinerkloster hier aufgehoben und 1787 das Benedictinerkloster in Garsten. Auch der Btagistrat erfuhr 1780 eine Umgestaltung, indem anstatt des bisherigen Bürgermeisters, Stadtrichters und Rathes der Bürger jetzt ein organisierter Magistrat aus geprüften Richtern und einem ökonomischen Senat eingesetzt wurde. In diesem Jahre beglückte der Kaiser unsere Stadt mit seiner Anwesenheit. Als in seinem zweiten Feldzuge gegen die Türken die Festung Belgrad durch Laudon erobert worden war, feierte Steyr ein großes Fest, dessen Beschreibung sogar in Druck erschien. Seelisch und körperlich gebrochen, starb Josef II. am 20. Februar 1790, im 49. Jahre seines Lebens. Des Volkskaisers Bruder, Leopold II., regierte mit Milde und weiser Nachgiebigkeit nur zwei Jahre; er starb am 1. März 1792 und ihm folgte sein erst 24 Jahre alter Sohn Franz II. (1792—1835). Vor Ablauf des Jahrhunderts vollzogen sich noch zwei für Steyr wichtige Ereignisse: 1790 machten die Bürger einen erfolglosen Versuch zur Wiedergewinnung eines Gymnasiums; 1798 verkaufte die Stadt ihren durch Capitalisierung rückständiger Dividenden auf 941.302 fl. 2'A kr. angewachsenen Antheil an der Innerberger Eisengewerkschaft an die k. k. priv. Canal- und Bergbau- Compagnie in Wien, beziehungsweise an den Staat Thürmqe» der Margaretciikapcllc. um 085.000 fl. W. W. Und gegen gewisse Verbind- «o» &. Kulstrunk. lichkeiten, und so fiel der minorennen Stadt reichstes Erbe, eine bei weiser Verwaltung nie versiegende Quelle unermesslichen Wohlstandes um einen sehr billigen Preis in die Caffe ihres Vormunds. Das gegenwärtige Jahrhundert begann unter sehr traurigen Aussichten für die Zukunft und war besonders während der zlvei ersten Decennien unglücklich und verhängnisvoll. Napoleon Bonaparte hatte in Italien bei Marengo die österreichische Armee geschlagen, und die Revolutionsarmee unter General Moreau rückte nachdem Siege bei Hohenlinden unaufhaltsam gegen Österreich vor, drang in Oberösterreich ein, und am 19. December hört? man in Steyr bereits den Kanonendonner von den Gefechten an der Traun und Alben. Immer näher rückten die Franzosen; am 21. December vormittags ritten die Erzherzoge Karl und Johann mit ihrem General­ stabe durch die Ortschaft Voglsang und durch das Schloss auf das jenseitige Ufer der Enns; dann folgten tne Truppen nach; laut Convention musste bis zum Abend das Land bis an die Enns den Franzosen eingeräumt werden, und deswegen zogen die letzten österreichischen Krieger über die Ennsbrücke hinüber, zerstörten die beiden

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