Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

159 Am 30. December setzte der k. General Graf Mercy mit seiner Kavallerie bei Losenstein über die Enns, die Baiern mussten ihre Schanzen bei Ternberg und Dambach verlassen, und am gleichen Tage war oie kaiserliche Armee unter dem Feldmarschall Khevenhüller von Haag nach Brunhof gerückt; am 31. morgens wurde unweit des Schlosses Dorf an der Enns eine Schiffbrücke für die Artillerie ge­ schlagen, während General Bärenklau mit Cavallerie und Infanterie die Feinde überfiel, welche am jenseitigen Ufer Schanzen hatten; sie verließen diese sogleich und entflohen gegen Kronstorf, wo dann ein kleines Gefecht stattfand. Da auf diese Weise die 4000 Mann starke Besatzung in Steyr gefangen zu werden fürchtete, und auch von Süden her die k. Armee näher rückte, so zogen die Baiern plötzlich, und unbemerkt aus Steyr ab am Morgen des letzten Tages im Jahre 1741. Ob dieser unerwarteten Befreiung erfüllte die Bürger heller Jubel; sie richteten die Brücken her, öffneten das versperrte Pfarrthor und eilten gegen Garsten den k. Truppen entgegen. Um 8 Uhr svrengten 36 Husaren zum Thore herein, stellten sich auf dem Platze auf und eisten dann den Baiern nach; die Warasdiner unter ihrem Obersten, Baron von Trenk, besetzten und bewachten die Thore; immer mehr Truppen sammelten sich hier; manche zogen weiter; bei Gleink, am Heuberge und bei Stadlkirchen wurden viele Franzosen und Baiern erschlagen; Oberst Trenk war nach Klaus gezogen, säuberte die Gegend von dort bis Spital von den Feinden und brachte viele Gefangene zurück; die Officiere wurden in den Häusern, die Soldaten in den fürstlichen Pferdestallungen einquartiert; von da aus versuchten 135 Baiern ihre Flucht, welche aber misslang. Im Spätherbste des Jahres 1742 rückte ein neues Aufgebot von Steyr nach Frankenmarkt und nach Mondsee; überhaupt hatte Steyr damals viel geleistet, wie aus dem Belobungs­ schreiben des Commandanten Khevenhüller ersichtlich ist; es ist am 2. März 1744 ausgestellt worden und ivird im städtischen Archive aufbewahrt. Herzog Maximilian von Baiern schloss mit Maria Theresia den Frieden von Füssen und entsagte 1745 allen Ansprüchen; mit Preußen kam der Friede zu Dresden am Jahresschlüsse zustande, nachdem vorher am 13. September Maria Theresias Gemahl, Franz Stephan von Lothringen, zum römischen König gewählt und am 4. October gekrönt worden war. Wie sehr während der Kriege die Lasten und Abgaben stiegen, beweist die Thatsache, dass Steyr 1746 über 37000 fl. Steuern und Rückstandsgebüren zahlen sollte, tveshalb cs in Executionsandrohung verfiel und im folgenden Jahre ein Bermögcnsstaudgutachtcu an den Kaiser senden musste; es sollte ein Wagamt errichtet, eine Markttaxc eingeführt, ein höheres Brückengeld und eine Wegmaut eingehobcn, sowie die Interessen von den schuldigen Capitalien von 5 °/o auf 4 % herabgesetzt werden. Tie finanziellen Berhältnisse der Stadt waren schlecht und mussten die Ursachen.und die Zunahme der Schulden in einem besonderen Berichte erörtert iverdcn. Damals ivnrde tuv? X'otto eingeführt. Als im Jahre 1761 die drei Brücken vom Hochwasser wieder weggerissen worden waren und Ennsdorf außer Berbindung mit der Stadt gekommen war, diente die Kapelle im Engelohosc als Kirche, in welcher zwei Priester aus Garsten den Gottesdienst hielten; 1764 ließ der Abt von (Karsten die Straße dortbin er­ weitern und die schöne Kastanicnallce pflanzen, und in der Zeit-von 1765 bis 1778 wurde das gegenwärtige Ratkhans erbaut. Tic früher in einzelnen Theilen der Stadt bestandenen Schulen wurden unter Alaria Theresia umgestaltet und eine Normalschule errichtet. Im Jahre 1773 ist das Grundbuch angelegt und der Jesuitenorden aufgehoben worden; damit verlor Steyr das Gymnasium. — Kaiser Franz I. starb 1765 zu Innsbruck eines plötz­ lichen Todes, lvoraus Joses II. den Kaisertitel annahm, Mitregcnt in Österreich wurde und das Heerwesen organisierte. Maria Theresia, die Mutter ihrer Völker, starb am 29. November 1780, und während der letzten Jahre ihrer Regierung war Steyr wieder zu einigem Wohlstände gelangt. Mit Kaiser Josef II. Regierung begann in allen Zweigen der Gesetzgebung

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2