Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

waren; von 1718 bis 1735 wurden keine Dividenden und Interessen an die Theil­ haber der Eisengewerkschaft ausbezahlt, 1727 brach die größte aller Feuersbrünste aus, die Steyr erleben musste, 1733 wurde wieder eine Untersuchung des Vermögens­ standes der Stadt vorgenommen, und 1736 richtete ein Hochwasser abermals beträcht­ lichen Schaden cm. Nach der erwähnten Feuersbrunst hatte der Kaiser zur Erbauung der Häuser große Beiträge geleistet, tveswegen die Freude der Bevölkerung ungemein groß >var, als die Meldung einlangte. Seine Majestät werde noch der Erblandshuldigung in Linz am 25. September 1732 nach Steyr kommen. Pracht und Glanz ivurde entfaltet, an loou Mann Bürgermiliz waren zum Empfange ausgerückt; die Ma- jestäten fuhren durch die Stadt über Neulust auf die Saß zur Hirschjagd und abends von dort nach Garsten, wo sie Nachtquartier nahmen. Am folgenden Morgen begab sich der Kaiser über eine Schiffbrücke an das jenseitige Ennsufer und ans den Dam- berg zu einer „Klopsbirsch"; desselben Tages erfolgte auch noch die Abreise nach St. Florian. Bier Jahre darauf bezeugten die Steyrer ihre Anhänglichkeit und Liebe an das angestammte Herrscherhaus durch eine großartige Festlichkeit aus An­ lass der Vermählung der Kaisertochter Maria Theresia mit Franz von Lothringen. Maria Theresia, die Begründerin des habsburg-lothringischen Stammes, sah sich vor einen traurigen Staatszustand und vor die Ünabivendbarkeit großer Kriegs­ züge gestellt. Preußen und andere auswärtige Mächte erhoben Erbansprüche aus Theile ihres Reiches, ihr Thron schien zu wanken, aber ihr persönlicher Muth, gestützt durch die Liebe und Treue ihrer Unterthanen, hielt den Staat trotz schmerz­ licher Verluste und vieler Unglücksfülle aufrecht. Während dieses Erbfolgekrieges fielen auch die Baiern, von Frankreich ange­ spornt, in Oberösterreich ein; der Kurfürst Karl Albert zog am 15. September 1741 im Schlosse zu Linz ein; Abtheilungen seiner Truppen rückten vom 16. bis 18. des­ selben Monats an Steyr heran, weshalb hier alle Brücken und ennsaufwärts alle Wege und Uebergangsvorrichtungen zerstört wurden. Am 18. September um V2 2 Uhr nachmittags rückten unter Anführung des Obersten Arko 60 Dragoner und 600 Mann Fußvolk in Steyr ein; sie besetzten alle Thore und hatten ihr Hauptquartier im Gasthause „Zur goldenen Krone." Am 10. wurde die Ennsbrücke wieder hergestellt und Truppen abgesendet nach Kremsmünster, Kirchdorf, Windisch- garsten und Klaus; dort wurde der Pass besetzt. Dann erschien die Aufforderung zur Huldigung in Linz, wozu auch der Bürgermeister, der Stadtrichter, der Stadt­ schreiber und ein Magistratsrath erscheinen mussten. Steyr hatte nun abermals bedeutende Opfer zu bringen, musste Wachstuben und Spitäler errichten, und als der Kurfürst, bei Stein und Krems in Nieder- Österreich geschlagen, den Rückzug hatte antreten müssen, befahl er, in Steyr starke Befestigungen anzulegen. Am 29. October kam ein Ingenieur hier an, um alle Befestigungen zu besichtigen; auf seinen Befehl ivurde mitten auf der Enns­ brücke eine Aufzugbrücke in Ketten gemacht, einige Thore vermauert und eine Befestigungslinie gezogen. Am 7. November kam der Oberst Prinz Tingry mit 2000 Mann, 9 Fahnen und Feldmusik hier an. Alle wohnten in der Stadt; im Schlosse waren mehrere Officiere und 240 Mann einquartiert. 100 Mann und 4 Officiere besetzten das Kloster Garsten. Am 17. ivurde das Stadtthor gegen Reichenschivall und das Schlossthor gegen den Graben hin vermauert; auch mussten alle Gewehre, alles Pulver und Blei, die Kanonen und Mörser vom Zeughaus in das Schloss abgeliefert, die Schlüssel zu jenen und zur Rüstkammer übergeben werden. Am 22. wurden auch um den Tabor, beim Engelshof, um das äußere Ennsdorf und außer der Kollergasse Palissaden gesetzt, alle Rebeneingänge der Häuser gesperrt und am 24. Kanonen vor der Kaserne aufgepflanzt. Sogar die Nonnen wurden in große Verlegenheit gebracht, indem Tingry mit vielen Officieren das Kloster besich­ tigte und gegen den Stadtgraben hinaus Vertheidigungsanstalten treffen wollte, denn die Baiern begannen bereits Gefahr zu wittern; der Kurfürst hatte Glieder-

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