Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

156 Oberkammer - Grafenamtes in Eisenerz unterwarf; die Interessenten der Gewerk­ schaft erhielten dann bis zum Jahre 1687 keinen Ertrag ausbezahlt, und Steyr gerieth desivegcn in große Schulden. Trotzdem wurde viel gebaut, 1675 eine genaue Grenze zwischen Herrschafts- und Stadtgrund gezogen und endgiltig ver­ markt, 1678 ein Vertrag mit den Jesuiten wegen Erbauung eines Gymnasial- Gebüudes geschlossen, welches nach drei Jahren auch vollendet dastand. Im Sommer des Jahres 1680 besuchten Ihre Majestäten die Stadt Steyr; es wurde denselben ein feierlicher Empfang unter Beobachtung aller Ceremonien damaliger Sitte bereitet; besonders ivird erwähnt, dass an diesem Empfange das erstemal eine schön uniformierte Bürgermiliz sich betheiligte, und dass die Messerer einen Reif- und Schwerttanz aufführten. Auf dem Damberge wurde eine Hirsch- jagd veranstaltet und in einem Laubgezelte das Bkittagmahl gereicht. Rach Rückkunft in die Stadt besichtigten die Majestäten die wichtigsten Bauten und Anstalten, »vorauf der Kaiser nach Enns ritt, ivährend die Kaiserin mit Gefolge auf acht Schiffen dorthin fuhr. Im Jahre 1683 traf mau wieder Vorkehrungen zur Vertheidigung gegen etiva erfolgende Türkeneinfälle; vom Plenklberge und Wachberge bis zur hohen Ennsleite und dem Jägerberge sollten Befestigungen errichtet »verden; auch beim Schlüssel­ hofe bis gegen Kronstorf hinab wurden Schanzen aufgeworfen; die Vertheidigungs- »verke nur Steyr selbst kosteten 6900 fl., überdies »muten auch Gewehre angeschafft und 100 junge Burschen angeworben und ausgerüstet. Furcht und Schrecken erregten solche Anstalten, viele Betvohner der Stadt, auch die Klosterfrauen, flüchteten sich in das Gebirge, nach Altenmarkt und Eisenerz. Die Türken gelangten aber nicht in die Nähe Steyrs; bei Weyer und Waidhosen wurden sie über das Gebirge gejagt. Die Steuern mussten aber des Türkenkrieges »vegen erhöht werden, eine abermalige Untersuchung des Vermögensstandes der Stadt »mute angeordnet und 1690 die Kopfsteuer eingeführt. Der Kaiser beivilligte die montägigen Wochenmärkte und einen Herbstjahrmarkt, eine neue Marktordnung wurde erlassen, eine Salzkammer errichtet und die erste Gassenbeleuchtung eingeführt. Das Jahrhundert gieng zur Neige; am Anfange desselben stand Steyr in hoher Blüte, um die Mitte desselben »var die Stadt fast ruiniert, und jetzt begann sie »nieder neu aufzublühen. Mit dem neuen Jahrhundert begann der spanische Erbfolgekrieg, und »veil der Kurfürst von Baiern zu Frankreich hielt, wurde Oberösterreich und auch Steyr wieder beunruhigt. Die alten Vertheidigungsobjecte »vurden untersucht und in Stand gesetzt, auf dem Tabor sollte ein Fort angelegt, die Vorstadt Steyrdorf gegen Sier- ning geschlossen, einige Thore vermauert und von der Anhöhe bis zur Steyr herab eine Vertheidigungslinie gezogen werden; ferner beschloss man, den Tabor und die Vorstadt Ort mit Palissaden zu umgeben und außerhalb der Stadt bei Englscck und neben dem Kapuzinerkloster Schanzen aufzuiverfen. Im Jahre 1704 »vurden die Bürger der landesfürstlichen Städte gegen die Baiern aufgeboten, »veil letztere schon bis Efferding vorgerückt »varen; dann aber räumten sie plötzlich das Land. Im folgenden Jahre — am 5. Mai — starb der Kaiser, und allerwärts zeigte sich große Trauer um ihn; in Steyr unterblieb die Bkusik am Frohnleichnamstage und der fröhliche Hölzlzug der Kinder. Leopolds Nachfolger war dessen Sohn Josef L, welcher sich oftmals durch Tapferkeit ausgezeichnet hatte, aber leider nur 6 Jahre zum Wohle des Staates und zum Glücke seiner Unterthanen regierte. Ihm folgte Karl VI., der aus Spa­ nien herbeigeeilt »var und 1711 zum römischen König geivählt und gekrönt »vurde. Im Jahre 1713 herrschte die Pest; umfassende Berhaltungs- und Contumaz- Maßregeln »vurden ergriffen, und als im folgenden Jahre die schreckliche Krankheit erloschen »var, wurde das Messererkreuz am Schnallenberge, die Dreieinigkeitssäule beim Gilgenthor (jetzt auf der Garstner Allee) errichtet und auf dem damaligen Pestfreithofe an der Garstenstraße die Berthold- Kapelle erbaut. Immer wieder traten Ereignisse ein, die für die Stadt Steyr sehr misslich

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