Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

152 Prag und zwang denselben, Ungarn, Mähren und Österreich abzutreten; auch wurde Matthias 1608 König von Böhmen. Bevor aber die Stände von Oberösterreich dem neuen Herrscher die Huldigung leisteten, verlangten sie die Zuerkennung der Religionsfreiheit und Herstellung ihrer Privilegien. Ohne eine bezügliche Erledigung abzuwarten, wurde der protestantische Gottesdienst wieder eingeführt. Der Kaiser äußerte wohl darüber sein Missfallen, gewährte aber am 19. März 1609 den Protestanten in Österreich die Religionsfreiheit; der Stadtrichter von Steyr, Paul Trauner, hatte den betreffenden Vertrag mitunterzeichnet. Am 21. Mai vollzog sich dann in Linz die feierliche Huldigung der Stände; die Truppen der Bürger aus allen sieben landesfürstlichen Städten standen unter Anführung des Bürgermeisters von Steyr. Hundert Reiter, angeführt von einem Steyrer Rathsherrn, zogen dem Kaiser bis Enns entgegen und hielten mit ihm den feierlichen Einzug in Linz. Der zweihundertjährige Streit zwischen der Stadt und der Herrschaft Steyr wegen der Gerichtsbarkeit wurde in diesen: Jahre beendet, die Wahlen konnten von 1610 an wieder ohne Beisein von Commissären vorgenommen werden, und der Protestantismus schien wieder emporzukommen. Die Kämpfe zwischen Rudolf und Matthias äußerten auch in Steyr ihre Wirkung. Die Stadt wurde 1610 und 1611 durch den Anführer des Passauer Kriegsvolkes geängstigt; 1613 entstand in der Mühle zwischen den Brücken ein Brand, der noch rechtzeitig gelöscht werden konnte. Die Gefahr war groß, beim nebenan stand das Ennsthor, welches auch als Pulvermagazin diente. Am 12. Juli 1613 kam Kaiser Matthias mit seiner Gemahlin und dem ganzen Hofstaate auf der Reise nach Regensburg in Steyr an; die Bürgerschaft war auf den Straßen vom Gleinker- bis zum Gilgenthore in schöner Rüstung aufgestellt; die Geschütze wurden gelöst, der Stadtschreiber hielt eine Anrede, der Bürgermeister überreichte die Schlüssel der Stadt, welche mit dem Ansdrucke des kaiserlichen Wohlgefallens wieder zurückgegeben wurden. Die Majestäten über­ nachteten im Stifte zu Garsten und speisten des andern Tages im Schlosse zu Steyr beim Burggrafen Georg von Stubenberg. Im Jahre 1614 wurde hier ein großes Freischießen mit Bewilligung des Magistrates gegeben, wobei das erste Best einen Wert von 100 fl. hatte; es war eine Art Volksfest, dauerte vier Wochen und zog Schützen aus nah und fern herbei. Der Vergnügungsplatz lag ungefähr zwischen der heutigen Prevenhuber- und Redtenbacher-Straße. Ferdinand II., ein Reffe des kinderlosen Kaisers Matthias, wurde 1617 in Böhmen, 1618 in Ungarn gekrönt. Mit dem Prager Fenstersturze am 23. Mai 1618 hatte der Aufstand in Böhmen und damit der dreißigjährige Krieg begonnen. Ferdinand II., dem die Stände Oberösterreichs die Huldigung verweigerten, schloss mit Herzog Maximilian von Baiern wegen des böhmischen Krieges ein Bündnis und verpfändete ihm das Land Oberösterreich. 9iun wurde an der Befestigung der Stadt Steyr ununterbrochen gearbeitet, ein italienischer Schanzmeister war mit 40 fl. Monatslohn angestellt, aber es waren alle Anstrengungen nutzlos. Max von Baiern rückte mit 24.000 Mann bei Schärding herein, bald war er in Linz, und in Steyr zogen schon am 17. August seine Soldaten ein, welchen die Schlüssel zum Rathhause, zum Zeughause und zu den Thoren ausgeliefert werden mussten. Maximilian ließ zwei Regimenter Besatzung in Oberöstcrreich zurück, setzte den Grafen Adam von Herberstorf als Statthalter ein und zog dann nach Nieder­ österreich zu den Truppen des Boucqnoi, mit welchen er nach Böhmen vorrückte, wo die entscheidende Schlacht auf dem weißen Berge erfolgte. Die sechzehn noch in Steyr lebenden katholischen Bürger wurden von der nun erfolgenden lästigen Einquartierung befreit, die Kapuziner errichteten wieder ihr hohes Kreuz und läuteten zum erstenmale ihre Glocken. Die Circulation des sogenannten langen Geldes (schleckte Münze) begann 1621, und mit der Abnahme des guten Geldes wurde alles sehr vertheuert Später

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