Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

149 Ungnade fallen und die Privilegien verlieren. Der Magistrat sah sich nun int Jahre 1541 veranlasst zu befehlen, dass die Bewohner der Stadt dein alten Glauben treu bleiben und der neuen Lehre entsagen sollen; es scheint also der Protestantismus schon kräftig gewesen zu sein, was auch daraus erhellt, dass ein Theil der Inwohner sich an den Kaiser wandte und um Religionsfreiheit und Abschaffung mancher Missbrauche bat. Seit Beginn dieses Jahrhunderts hatte die Bewohnerschaft und mit ihr der Handel und das Gewerbe zugenommen; vorzüglich zahlreich waren die Riesterer, und der Raum in Steyrdorf ward zu klein. Da innerhalb der Thore keine neuen Häuser gebaut lverden konnten, so fieng man außerhalb derselben zu bauen an, und so entstand von 1543 bis 1565 eine neue Vorstadt, das Wieserfeld. Um 1550 hatte die lutherische Religion überall Eingang gefunden; in Steyr begann schon 1545 der Pfarrer Wolfgang Waldner das Lutherthum zu predigen, die Zahl der Protestanten nahm erheblich zu, der protestantische Gottes­ dienst wurde inder Pfarr­ kirche und bald auch indem übrigen Kirchen eingeführt und durch länger als ein halbes Jahrhundert ab­ gehalten. Vom 1. bis 20. Sep­ tember 1547 waren in Steyr die Stände von Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain ver­ sammelt, ivelche be­ schlossen, Gesandte an den Kaiser und die Reichs- stünde zu schicken, damit der Empfang des Abend­ mahles in beiden Gestal­ ten gewährt werde. 1557 ivurde dieFeier desFrohn- leichnamsfestes nicht mehr abgehalten, 1559 übergab Ferdinand der Bürger­ schaft gegen Vorbehalt das seit dem großen Brande (1522) von den Dominicanern verlassene Kloster zur Errichtung eines protestantischen Gymnasiums. Run studierten Bürgerssöhne von Steyr zu Wittenberg, dem Hauptsitze der protestantischen Theologie, und es wurden dorthin Stipendien gestiftet. Johann Schreyer aus Steyr, der mehrere Jahre z>t Wittenberg studiert hatte, wurde nach seiner Rückkehr von dort zum Prediger im Spitale und in der hiesigen Stadtpfarrkirche ernannt (1564). Kaiser Ferdinands ältesterSohn,Maximilian II., neigte selbst zumProte­ stantismus hin, weshalb sichdessenAnhänger mehrten. DieSteyrer beriefen aus Wittenberg einen Prediger, welcher 1566 öffentlich auf der Kanzel in der Pfarrkirche der Gemeinde vorgestellt und in sein Amt eingesetzt wurde. Im Jahre 1567 erschien eine neue protestantische Kirchenordnung, eine deutsche Schulordnung wurde eingeführt und ein berühmter Rechenmeister aus Freiberg angestellt. Im Jahre 1568 hielten sich in der Nähe von Steyr, besonders in Stein bei Gleink abermals Wiedertäufer auf. Am 18. December dieses Jahres bewilligte Kaiser Maxintilian auf dem Landtage in Linz den landesfürstlichen Städten freie Ausübung des protestantischen Gottesdienstes. Tas lUcStc»lmchcrha»s Ii»d dic Domiiiicaiicrkirchc. Bon z. Miilftnmf

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