Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

146 von Luther selbst gesendet; derselbe iveilte in Steyr und Garsten und prophezeite für das Jahr 1533 den Untergang der Welt. Doctor Faber, der Beichtvater des Erzherzogs Ferdinand, kam 1525 nach Steyr, um über die religiösen Vorgänge zn wachen; der Franciscaner Ealiptns wurde von ihm ivegen seines Eifers als katholischer Prediger empfohlen, missbrauchte aber bald das beim Volke erworbene Vertrauen und lehrte im gegentheiligcn Sinne; der rechtmäßige Pfarrer, Abt Pankraz von Garsten, verlangte daher von den Bürgern die Entlassung desselben. Er wurde beim Bisthnniverweser in Passan verklagt, und Erzherzog Ferdinand befahl, ihn des Landes zu verweisen. Nach ihm lehrte in Steyr mit Bewilligung des Magistrates Sigismund Wunder, Doctor der Medicin, lateinisch, hebräisch und griechisch, iveil ohne diese Sprachen das Wort Gottes nicht gründlich verstanden werden könne. Später predigte der Pfarrer iu Stein-, Michael Förster, verdächtige Lehren. Als ihn deshalb der Abt von Garsten absetzen ivollte, nahmen sich die Bürger seiner an und drohten mit einer Empörung. Der Pfarrer starb zwar bald, aber die Bürger neigten sich trotzdem der neuen Lehre zu. Am 15. Juni kam Johann Hut mit drei Genossen heimlich nach Steyr; sie waren Anhänger der Secte der Wiedertäufer, ivetche lehrten, dass die Kindertaufe eilt Werk des Teufels sei, daher Erivachsene nochmals getauft werden müssen. Sie verlvarsen das geschriebene Wort Gottes, rühmten sich erhaltener Offenbarungen, verwarfen den Eid und jede Obrigkeit, verjagten die Geistlichen, zerstörten die Klöster und verkündeten nach Austilgung aller Gottlosen ein auf der Erde zu errich­ tendes Neich Ehristi, welches sie nun leiten sollten. Das Abendmahl war ihnen nur ein Zeichen gemeinschaftlicher Liebe; sie verlangten Gemeinschaft der Güter, Freiheit und Gleichheit in allen Verhältnisse»; nur ihre Lehrer sollten auch ihre Obrigkeiten sein. Hut wurde durch den Kaplan und Prediger des Burggrafen im Schlöffe auf­ genommen und predigte mit Sonntag tut Hause des Veit Pfefferl, eines angesehenen Bürgers mit Grünmarkt. Der Kaplan führte ihn auch in mehrere Bürgershäuser ein, lobte ihn sehr und lockte viele Frauen zu dessen Predigten herbei. Der Rath erfuhr, dass mehrere Handwerker diese Lehre angcnomnten und sich nochmals hatten taufen lassen; es wurde dem Johann Hut nachgestellt, aber man konnte seiner nicht mehr habhaft werden, und cs begann die Untersuchung gegen seine Zuhörer und Gastfreunde, von ivclchen mit 12. November 1528 zwölf verurtheilt, theils enthauptet und theils verbrannt wurden. Ferdinand schickte Visitations- und Neformations-Commissäre nach Steyr, vor ivclchen die Bürger und der Abt von Garsten einander gegenseitig verklagten. Im April 152!) erfolgte ein gütlicher Ausgleich, laut welchem die Bürger den Abt nach altem Her­ kommen und Recht für ihren Pfarrer anerkannten und ihn baten, künftig ivürdige und gelehrte Priester zu schicken, die Stiftungen gut zn vollführen, ivogegcn sie ver­ sprachen, den Unterhalt der Priester nicht zu schmälern. Trotzdem erhielt sich die neue Lehre in den Herzen der Bürger, aber zur öffentlichen Bethätigung ivar die Zeit nicht geeignet, umsomehr, als von Osten her wieder große Türkengefahr drohte. Ferdinand, als Schwiegersohn des bei Mohacs gegen die Türken gefallenen Ludwig II., war dessen rechtmäßiger Nachfolger geworden. Die nächste Folge der Erwerbung Ungarns war jedoch ein Krieg mit den Türken, der mit kurzen Unter-

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