Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

143 worauf an der Schwelle des Jahrhunderts Caspar Flädarn als der erste Bürger­ meister in Steyr erscheint. So bestand dann der Magistrat aus dem Bürgermeister, dem Stadtrichter, den 12 Räthen und achtzehn Genannten; alle wurden von den Bürgern aus ihrer Gemeinde gewählt. Das fünfzehnte Jahrhundert war verflossen; viel hatte sich während desselben in den Geschicken der Stadt Steyr, der österreichischen Staaten und Europas geändert, und ein neues Zeitalter begann mit frohen Aussichten für die Zukunft. Im Jahre 1501 einigten sich die Steyrer mit den Waidhofnern wegen des Handels mit Eisen, Stahl und Venetianerwaren, und 1502 steuerten sie zum Kreuz­ zuge gegen die Türken 854 Pfund Pfennige bei. Da Kaiser Maximilian das Schützen­ wesen begünstigte, wurde hier 1506 eine Schießstätte errichtet; es bildete sich eine Schützengesellschaft, deren Mitglieder sich in der Kunst des Büchsen- und Stahl­ schießens übten. Als ersten Preis bestimmte der Blagistrat ein Hosentuch, um welches nicht weniger als zehn Schützen schießen sollten. In diesem Jahre ereigneten sich noch zwei erwähnenswerte Vorfälle. Ein reicher Rathsbürger, Michael Hofer, war ohne Nachkommen gestorben und hatte für Steyr Legate und Stiftungen gemacht; nun aber erbaten sich beim Kaiser drei Nichtver­ wandte die Erbschaft für sich, und trotz vorhandenen Testamentes, und obwohl die Bürger die Herausgabe der Verlassenschaft verweigerten, wurde jenen Erbwerbern solche zugesprochen; weil Hofer ohne Verwandte gestorben war, gehörte sein ganzer Nachlass dem Kaiser, welcher demgemäß weiter darüber verfügen konnte. Da solche Vorfälle auch anderwärts Unwillen erregt hatten, bestimmte der Kaiser 12 Jahre später, dass jede Bitte um Erbschaftserlangung abschlägig zu bescheiden sei, sowie er jetzt auch den Eltern und Vormündern volle Freiheit gewährte, wenn Vermählungen zwischen reichen Bürgerstöchtern und kaiserlichen Hofdienern vereinbart werden sollten. Das zweite interessante Ereignis ist folgendes: Der Btagistrat hatte auf Grund alter Herkömmlichkeiten neue und zweckentsprechendere Polizeivorschriften verfasst und wollte diese dem Kaiser zur Bestätigung vorlegen. Ein Theil der Bürgerschaft erhob dagegen Einsprache und hielt geheime Versammlungen im Hause des Ulrich Prandstetter in der Enge ab, wo förmliche Klageschriften verfasst und berathen wurden. Der Magistrat berichtete solches dem in Salzburg weilenden Kaiser, und dieser sandte seinen Oberst- Hauptmann in Österreich, Wolfgang von Polheim, hieher, um die Angelegenheit zu untersuchen, die Schuldigen gefangen zu nehmen und zu bestrafen. Beide Parteien wurden in das Schloss berufen, und Polheim hörte sowohl die Beschwerden, als auch die Einwendungen dagegen an, worauf er befahl, Frieden zu halten, bis des Kaisers Entscheidung gefällt sein werde. Diese erfolgte bald, und der Rath ließ die 8 Punkte derselben öffentlich verlesen. Die meisten Bürger freuten sich über die gütliche Bei­ legung des Streites; aber Prandstetter hetzte noch immer, und erst 1511 am 20. März sprach Polheim im Schlosse zu Steyr in Anwesenheit vieler adeliger und städtischer Abgesandten das Urtheil: „Prandstetter und seine Anhänger haben keine Ursache zur Klage gegen den Rath, noch weniger zum Aufruhr gehabt, sondern haben sich schwer gegen denselben vergangen." Prandstetter und 9 andere wurden nach Wien ins Gefängnis geführt und so die Ruhe in der Gemeinde hergestellt; später wurden sie dort nach abermaliger Untersuchung ihrer bürgerlichen Rechte verlustig erklärt und zurückgeschickt; Prandstetter wurde des Landes verwiesen, und weil er von Prag aus Drohbriefe nach Steyr sandte, dort wieder verhaftet und wahrscheinlich hingerichtet. In den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts sind einige verheerende Brände zu verzeichnen: 1511 brannten in Enusdorf 35 Häuser ab, 1520 in Ennsdorf und Steyrdorf 100 Häuser, 1522 am Stadtplatz, Grünmarkt, in der Pfarrgasse 55 Häuser, die Dominicanerkirche, die Pfarrkirche, der Psarrhof und zwei Thore; 1540 wurden viele Häuser in Ennsdorf und 1554 in Steyrdorf 200 Häuser vom Feuer zerstört. Im Jahre 1512 bewilligte der Kaiser, dass die Stadt rothes Siegelwachs ver­ wendendürfe, ein Vorrecht, dessen sich nur vornehme Adelige erfreuten. JmDecember l518 war der Kaiser in Steyr und schenkte der Stadt sein Haus vor der Burg sammt

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