Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

140 Im Jahre 1411 erfolgte die Großjährigkeitserklärung Albrechts V. durch Kaiser Sigismund, worauf Ernst ganz Österreich abtreten musste bis auf die ihm ver­ pfändete Stadt und Herrschaft Steyr. Albrecht wollte das Pfand einlösen; weil sich Ernst aber weigerte, so schritt er energisch ein und erzielte endlich einen Aus­ gleich durch den Vertrag von 1417, vermöge dessen Herzog Ernst auf das Lösegeld für Steyr verzichtete, aber eine bedeutende Summe als Entschädigung erhielt. Herzog Albrecht hatte zur Vertheidigung seiner Länder gegen die Hussiten Geld und Mannschaft nöthig. Er errichtete hier unb anderwärts eine Landwehr, die aus allen waffenfähigen Männern vom 16. bis zum 70. Jahre zusammengesetzt war. Er erlaubte 1422, auf dem Stadtplatze Markthütten aufzustellen, ein neues Rathhaus zu erbauen, in welchem Fleisch- und Brotbäuke eingerichtet werden sollten. Die Stadt Steyr hingegen gewährte ihm einen Kriegs-Kostenbeitrag von 1500 fl. Im Jahre 1431 ordnete er an, dass auf der Herrschaft Steyr jeder 10. Mann gegen die Hussiten aufgeboten werde, und dass dessen 9 Genossen ihn mit Zehrung, Harnisch und anderen Dingen versehen und ausstatten sollen. Er stellte 1435 die Befugnisse der Kaufleute und der Krämer fest und traf 1437 die wichtige Entscheidung in dem Streitfälle zwischen dem Abte von Garsten und dem Stadtpfarrer einerseits, dem Magistrate und den Bürgern andererseits wegen pfarrlicher Rechte, Begräbnisse von Bürgern, Einsetzung von Schullehrern und Kirchenpröpsten, wegen Kirchen- Rechnungen, Stola, Jahrtagen und Stiftungen u. s. w. Albrecht V., der im Jahre 1438 zum König von Ungarn, zum deutschen Kaiser und zum König von Böhmen gekrönt wurde, brachte Ungarn zum erstenmal, Böhmen zum zweitenmal an das Haus Habsburgs und starb im Jahre 1439 auf einem Zuge gegen die Türken. Seine Witwe Elisabeth, welche Stadt und Herrschaft Steyr seit 1432 zur Morgengabe und zum Witwensitz hatte, bestätigte am 7. Jänner 1440 zu Ofen die Privilegien der Stadt Steyr, bewilligte hier die jährliche Richterwahl mit dem Vorbehalte, dass diese für ein Jahr den Bürger Wolfgang Wienner treffe, welcher ihr dafür 150 Pfund Wienerpfennige bezahlen sollte. Elisabeth verpfändete die Stadt und das Schloss Steyr an Herzog Friedrich von Steiermark, der auch römischer König geworden war, worin die Steyrer nicht einwilligen ivollten, sondern erklärten, dass Ladislaus, der nachgeborene Sohn Albrechts V., ihr rechtmäßiger Herr sei, dem sie treu bleiben ivollten, weshalb Friedrich die Privilegien der Stadt dann im Namen Ladislaus' (1440—1457) bestätigte. Im Jahre 1442 beschloss der Rath und die Bürgerschaft, die alte schadhaft gewordene Kirche abzubrechen und zu Ehren der Patrone Aegydius und Coloman eine neue große Kirche zu erbauen; Hans Puxbaum begann den Bau, welcher nach oftmaligen Unterbrechungen 1630 vollendet werden konnte. Kaiser Friedrich hatte als Vormund des minderjährigen Ladislaus Stadt und Schloss Steyr in seinen Besitz gebracht und hier einen Pfleger eingesetzt. Ladislaus schickte daher 1455 Heinrich von Lichtenstein mit Truppen nach Steyr, welcher die Stadt einnahm, das Schloss eroberte, den Pfleger verjagte und die Verwaltung über­ nahm. Im folgenden Jahre zahlte die Stadt zum Türkenkriege 510 fl. Steuer, au Schatzsteuer jährlich 100 fl. und 650 fl. Bestandgeld. Nach Ladislaus' Tode giengen die Königreiche Böhmen und Ungarn verloren, und in Österreich begann ein langer Kampf zwischen Kaiser Friedrich und dessen Bruder Albrecht VI. Im Jahre 1458 erhielt letzterer Oberösterreich und die Stadt und Herrschaft Steyr mit allen Rechten und Einkünften. Er bestätigte im Jahre 1459 in Steyr die Privilegien der Stadt; aber die erbetene Abschaffung der drückendsten Steuer, des zehnten Pfennigs, wurde nicht zugesagt; im Gegentheile, die Abgaben wurden so erhöht, dass sie unerschwinglich wurden, iveshalb die Bevölkerung in Noth und Verzweiflung gerieth; dazu kam noch, dass in Linz und Enns schlechte Münzen, die Schinderlinge, geprägt wurden, deren Minderwert allmählich in völlige Wertlosig­ keit übergieng, wodurch der Handel stark beeinträchtigt wurde und der Wohlstand der Bevölkerung verschwand.

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