Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

135 Verzeichnisse des Klosters Garsten vom Jahre 1110 und aus der Urkunde, ivvmit Markgraf Otakar III. vom Abte Berthold II. von Garsten im Jahre 1143 alle Privilegien und Schenkungen seiner Vorfahren bestätigte, entnehmen wir, dass dort, Ivo die Sabinicha durch den Leichperg in die Enns sich ergießt, eine Kapelle stand, die dem Kloster übergeben wurde und in der wir wohl die heutige Margaretenkapelle vermuthen können. (Die Sabinicha = Unkenbach ist der Sarmingbach, der früher durch den Hundsgraben in die Enns floss, 1572 bei Neulust in die Steyr abgeleitet wurde und dann den Nanien Tenfelsbach erhielt. Der Leichperg ist der Hügel zwischen Hundsgraben und EnnS, wo später bei dem Bau des Kapuzinerklosters sehr viele menschliche Gebeine gefunden wurden und die Verniuthung nabe liegt, dass sich dort einst eine heidnische, vielleicht keltische Grabstätte befunden habe.) Den Otakaren hat die Stadt Steyr ihr Emporblühen, ihre Größe, Macht und Ansehen zu danken. Steyr ivar ihre gewöhnliche Residenz, und später hielten auch die österreichischen Herzoge hier Hof, stellten Urkunden aus, erließen hier wichtige Entscheidungen und nahmen öfters die Huldigung der Bürger entgegen. Enns war zwar ihre Münzstätte, Steyr aber hatte den Vorrang; es war die erste Stadt der Steiermark, sowie sie die „Dingstadt" war, Ivo Recht und Gericht gehalten und gehandhabt wurde. Daher kam es auch, dass noch lange Zeit darnach die Stadt von der Gerichtsbarkeit des Landrichters, in Vorfällen über Dod und Leben ausgenommen, frei war und immer ihre eigenen Richter hatte. Anfangs hatte diese Macht der Burggraf von Steyr, später der Stadtrichter, und die höchste Entscheidung der Landesfürst. Die Otakare führten eine große Hofhaltung, hatten zahlreiche Vasallen und Ministerialen, als: Mundschenke, Truchsesse, Marschälle, Küchenmeister u. s. tu., die sich ansässig machten. Wir finden hier die Guudakare von Steyr, die Preuhafcn, die Volkersdorfer, die Schecke, die Panhalme, Hüssendorfer, Kerschberger, Stadler, die Schachen, Polheime u. a. Viele dieser Geschlechter blühten lange in Steyr fort und nahmen thätigen Antheil an der Verwaltung der Stadt. Naturgemäß hatte dieser Zusammenfluss vieler Ritter und Adeligen eine höhere Gewerbsthätigkeit im Gefolge, um die mannigfachen Bedürfnisse derselben zu befriedigen; vorzüglich aber beförderten den Reichthum der Stadt die Eisenarbeiten und der Handel mit denselben. Schon zu den Zeiten der Römer sollen hier Schmiede Eisen, bearbeitet haben und weiß der Volksmund die Stelle anzugeben, ivo die erste Römerschmiede stand. (Ledererstampfe, Michaelerplatz Nr. 14.) Wie nun Lvrcb zu den Zeiten der Römer der Sitz der Eisenindustrie, namentlich einer kaiserlichen Schildfabrik ivar, so wurde unter den Otakaren Steyr der Ort, wo das ans der. Eisenstraße und auf der Enns hergeführte innerbergische Eisen zu zahlreichen Artikeln verarbeitet und in den Welthandel gebracht wurde, und namentlich ivurdc das Handwerk der Waffenschmiede durch die Otakare und ihre Dienstmanneu wesentlich gefördert, und selbst in die benachbarten Ortschaften erstreckte sich von hier aus diese Betriebsamkeit. Die Kaufleute fuhren die Donau hinab, reisten nach Kielv, Constantinopel, handelten mit Venedig u. s. >v. Die Otakare bestimmten die Freiheiten und regelten die Gebräuche des Handels und setzten die Abgaben fest, was aus den der Stadt später ertheilten Privilegien hervorgeht. Einen ebenso wohlthätigen Einfluss übte auch die Regierung der Babenberger, die häufig hier weilten und Hos hielten, auf die Stadt aus. Wegen der Kapelle in der Stadt Steyr ernannte Herzog Leopold V. der Tugendhafte im Jahre 1092 den Abt von Garsten zu seinem obersten Hofkaplan. Rach dem Aussterben bei Babenberger bemächtigte sich Dietmar von Steyr, der das Burglehen in Steyr hatte, der Stadt, die dann von Ottokar, Herzog von Oesterreich, Sohn König Wenzels von Böhmen, eingenommen und laut Vertrages vom Jahre 1252 übergebe» wurde. In der Folge lag dann hier wie in Enns eine böhmische Besatzung, dic erst im Jahre 1270 durch die Kriegsvölker König Rudolfs von Habsburg vertrieben wurde. Oberösterreich und speciell die Städte und Herrschaften Steyr, Linz unt

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