Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

106 als eigentliche Begründerin des österreichischen Volksschulwesens angesehen werden. Zur Hebung des Volksschulunterrichtes berief sie den Prälaten von Sagan in Schlesien Johann Ignaz von Felbiger nach Wien, welcher im Jahre 1775 mit Genehmigung der Kaiserin eine allgemeine Schulordnung für die f. k, Erblande erließ. Nach dieser gliederte sich die Volksschule 1. in die mit Lehrerbildungsanstalten verbundenen Normalschulen, welche in den Hauptstädten der Provinzen waren. 2. In die Hauptschulen, welche in größeren Städten und auch in Klöstern waren. 3. In die Trivialschulen oder Elementarschulen auf dem Flachlande. Die Schul­ pflicht wurde genau geregelt. Sie begann mit dem Eintritt in das 6. Jahr, und wurde die Fortsetzung des Schulbesuches durch 6 — 7 Jahre als besonders wünschens­ wert erklärt. Gegen nachlässige Eltern und Vormünder wurde mit Strenge vorge­ gangen, und ebenso wurden jene bestraft, welche die schulfähigen Kinder dem Unter­ richte entzogen. Es wurden Schulhäuser gebaut, und für ein besseres Einkommen nitb für die Bildung der Lehrer wurde gesorgt. Bisher hatten ant Flachlande zu­ meist Männer, selbst Weiber, die gar keine besonderen Vorkenntnisse hatten, einzelnen Kindern im Lesen, Schreiben und Rechnen ohne Plan und Ordnung Unterricht ertheilt. Im Jahre 1774 war in Steyr eip Auftrag des Landeshauptmannes Grafen Christian von Thürheim eingelaufen, einen Bericht über die Schulen und den Zustand derselben einzusenden. Wir entnehmen diesem Berichte Folgeitdes: 1. Ignaz Katzler, an der Stadtschule, betreibt kein Gewerbe, hat nur un­ sichere Instructionen, bezieht aus der Stadtcasse jährlich 18 fl. an Besoldung, 0 ft. Holzgeld und hat freie Wohnung. Das Schulgeld beträgt beiläufig 50 fl. Er unter­ richtet im Lesen, Schreiben, Rechnen und in der christlichen Lehre nach Vorschrift des Passauer Katechismus. Die Zahl der Schüler ist im Sommer 50, int Winter ungefähr 30. 2. Josef Weber, Schullehrer in Ennsdorf, betreibt kein Gewerbe, hat 18 fl. Besoldung, 6 fl. Holzgeld, auf Wohnung 20 fl. vom Btagistrat, und 50 fl. Schulgeld. Der Unterricht ist der nämliche lvie bei Nr. 1. Die Zahl der Kinder im Sommer beiläufig 40, im Winter 25. 3. Johann Heinrich Rüß, an der Schule in Steyrdorf in der Sierninger­ gösse äußern Thor; er hat nur wenig Instructionen, spielt die Orgel zu Christkindl, hat 18 fl. Besoldung, 6 fl. Holzgeld, 50—60 fl. Schulgeld; Unterricht der nämliche. Schulkinder im Sommer 60, im Winter 30. 4. Bernhard Wöß an der Schule in Steyrdorf in der Gleinkergasse; hat ein Haus aber kein Gewerbe darauf, schreibt beim Armaturwesen, hat 18 fl. Besol­ dung, 6 fl. Holzgeld, 12 fl. auf Wohnung vom Magistrate. Die Schreiberei trägt ihm 30 fl., das Schulgeld bei 70 fl. ein. Unterricht ist der nämliche. Schulkinder int Sommer 70, im Winter 50. 5. Johann Michael Wagner an der Schule in Aichet hat keine besondere Einnahme, 18 fl. Besoldung, 6 fl. auf Holz, 6 fl. auf Zins ans der Stadtcasse; Schulgeld beiläufig 70 fl.; Schulkinder int Sommer 60, im Winter 40, ja bisweilen sogar nur 8, welche beständig die Schule besuchen. Es wurden also damals die fünf städtischen Schulen im Sommer von 280, im Winter nur von 175 Schulkindern besucht und betrugen die festen Bezüge eines Lehrers durchschnittlich 91 fl. Im folgenden Jahre wurde dann in Steyr die Kreishanptschule, in Kremsmünster eine Hauptschule errichtet. Mit Decret vom 30. Juli 1775 wurde zum Director dieser Schule in Steyr, die im ehemaligen Gymnasialgebäude der Jesuiten (jetzt Eduard Werndl, Michaelerplatz Nr. 13) untergebracht war, Amand Berghofer ernannt. Der damalige Stadtschreiber hielt bei Einführung desselben und Eröffnung der Schule am 3. November eine feierliche Anrede. Die tvieder entstandenen Winkelschulen wurden unterdrückt, und die fünf Stadtschulen reorganisiert. In Ramingsteg errichtete man damals ebenfalls eine Schule. Nach Errichtung der Kreishanptschule in Steyr wurde die Schule in der Sierningerstraße aufgelassen. Die in der Gleinkergasse bestand bis

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