Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

105 Die eigentlichen Keime des allgemeinen Volksschulunterrichtes tvurzeln im Reformations-Zeitalter. Wir finden da in den größeren Ortschaften deutsche Schul­ meister, die zu jener wandernden Zunft gehören, deren Genossen die Länder durchzogen und um Condition anhielten, und treffen auf die protestantische Einrichtung der sogenannten Kinderlehre. Diese bestand in der Erklärung des Katechismus, welche der Seelsorger an Sonntagen in der Kirche vornehmen sollte, ivelche Einrichtung von den Katholiken beibehalten wurde. Seit Errichtung des protestantischen Gymnasiums in Steyr war mit demselben auch die deutsche Schule verbunden und schon 1537, als der Protestantismus hier große Verbreitung fand, baten die Bürger den Kaiser um bessere Fortpflanzung der Schulen und mehrere Schullehrer. 1507 wurde eine Verordnung herausgegeben, wie die Kinderlehre in der Schulkirche zu halten sei. Auch verfasste man in dem­ selben Jahre eine deutsche Schulordnung und berief den berühmten Rechenmeister Caspar Thierfelder aus Freiberg in Meissen, welchem seine beiden Söhne Daniel und Basilius int Dienste folgten. Als im Jahre 1599 das Gymnasium aufgelöst wurde, waren an der deutschen Schule zwei deutsche Schulmeister, Christoph Ullmann und Basilius Thierfelder, mit mehreren Gehilfen angestellt. Die Lehrer bezogen eilten Gehalt von 120 fl. Sie durften an einem Tage in der Woche herumziehen und singen und Musik machen. Das in einer geschlossenen Büchse gesammelte Geld wurde dann vom Rector unter sie vertheilt. Damals scheinen nebst dieser noch andere deutsche Schulen in Steyr bestanden ztt haben, denn int Jahre 1005 schrieb der Abt von Garsten an bett Magistrat wegen Abstellung der lutherischen Schulen, was aber erst 1024 geschah. Aus den Zeiten der Reformation stammen int Landbezirke die Schulen in: Sierning (1550), Kremsmünster (1578), Ried (1581), Neuhofen (1594), Weiß­ kirchen (1000), Kematen (1010), Wartberg (1019), Pfarrkirchen (1020). Die beige­ setzten Zahlen geben die Jahre an, in welchen diese Schulen urkundlich erwähnt worden, >vas jedoch nicht ausschließt, dass dieselben schon früher errichtet wurden. Ein besonderer Förderer des Schulwesens war der Abt von KremSmüuster, Alexander I. vom See (1001—1013), indem er den Unterricht verbesserte und in allen dem Stifte Kremsmünster gehörigen Kirchen die Kinderlehren einführte. Aus dem 17. Jahrhundert stammen ferner folgende Schulen des Landbezirkes: Weyer (1044), Aschach (1076) und Trattenbach (1087). Um dieselbe Zeit dürfte auch die Schule in St. Diarien entstanden sein, welche 1713, wie die meisten anderen, der Pest wegen gesperrt war. Die Schule in Großraming entstand int Jahre 1735, in Wolfern 1750, in Pucking und in Sipbachzell 1700 und in Kirchberg 1774. Auch in Steyr waren int Jahre 1713 die Schulen der Pest ivegen geschlossen, weshalb der Magistrat den nothleidenden Lehrern, die auf das wöchentliche Schul­ geld der Kinder angewiesen waren, Unterstützungen bewilligte. Int Jahre 1739 bat Gottfried Traunsteiner, Lederzurichter und früher Schulmeister in Ennsdorf, diese Stelle seinem Vetter Josef Weber zu verleihen, der sie auch erhielt. Ebenso kommt damals Jakob Derflinger als Schulmeister unter dem Reuthore vor; 1752 war Christoph Dabon Lehrer in Steyrdorf, Winterholz und Karl Wilhelm in Aichet; des letzteren Witwe heiratete 1753 Michael Wagner, welcher dort Schullehrer ward; 1758 wird Bernhard Wöß als Schulmeister in der Gleinkergasse erwähnt. Im Jahre 1758 erschien ein k. k. Kammerdecret, welches bestimmte, was den 5 deutschen Schulmeistern aus der Stadtcasse jährlich gezahlt werden sollte, und da sich besonders 1756 mehrere Winkelschulen eingeschlichen hatten, so wurden diese abgeschafft und die Schulen überhaupt reguliert. Wann diese Schulen entstanden sind, darüber finden sich keine Nachrichten vor; manche jedoch waren sehr alt. Bei dieser Eintheilung der Schulen blieb es dann noch längere Zeit. Von hoher Bedeutung waren die Reformen, die Diaria Theresia auf dem Gebiete des Unterrichtes durchführte. Die Bildung des Volkes, welches noch vielfach von abergläubischen Vorurtheilen befangen war, lag ihr sehr ant Herzen. Sie muss

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