Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

98 stauten. Um 1560 war kaum der zwanzigste Theil der Bewohner des Landes katholisch. Auch in den Klöstern hatte die Lehre Luthers Eingang gefunden. Mehrere Klöster giengen damals ganz ein, wie das Dominicanerkloster in Steyr; andere verödeten auf längere Zeit, bis sie durch würdige, sittenstrenge Prälaten vor dem drohenden Untergange bewahrt wurden. Um die protestantischen Stände zu einer kräftigen Hilfeleistung gegen die Türken zu bewegen, bewilligte Kaiser Maximilian II. auf dem Landtage zu Linz (1568) denselben die freie Ausübung der augsburgischen Confession auf ihren Schlössern, in ihren Städten und Märkten, sowie in allen ihren Patronatskirchen. Die prote­ stantischen Bürger der landessürstlichen Städte erhielten diese Erlaubnis zwar nicht, übten aber trotzdem ihren Gottesdienst aus und hatten eigene Prediger, und die Bauern waren eifrige Anhänger der Lehre Luthers, weil sie dadurch einen Vor­ wand fanden, ihren katholischen geistlichen und weltlichen Gutsherren die Dienste und Zehente zu verweigern. Kaiser Rudolf II. wollte der Ausbreitung des Protestantismus in Oberösterreich einen Damm setzen und beschloss, im Bunde mit dem Bischof von Passau eine Gegenreformation durchzuführen, was eine gewaltige religiös-politische Bewegung hervorrief und den Bauernaufstand von 1594—1597 veranlasste, nach dessen Unter­ drückung mit der praktischen Durchführung der Gegenreformation begonnen wurde. Ein kaiserliches Patent vom 8. August 1598 bestimmte, dass die protestantischen Prediger an allen Orten, an welchen sie nicht gesetzlich geduldet seien, entfernt werden müssten, und dass der Landeshauptmann die Gegenreformation in allen Vierteln des Landes vorzunehmen habe. Dieser zog dann begleitet von Truppen im Lande herum und gab die einzelnen Pfarrkirchen den rechtmäßigen Schutzherren zurück, welche dann für die Wiedereinsetzung katholischer Priester sorgen mussten. Alle Mitglieder einer Pfarrgemeinde mussten sich verpflichten, ihrem neuen Pfarrer zu gehorchen, keine Orte zu besuchen, an welchen unkatholischer Gottesdienst gefeiert würde, die an den letzten Unruhen betheiligten protestantischen Prediger anzugeben und die der katholischen Kirche entrissenen Güter wieder zurückzustellen. Die weltlichen Stände des Landes, die Herren und Ritter, leisteten der Durchführung des Gegenreformations - Decretes den heftigsten Widerstand, und kam es bei der Einsetzung katholischer Pfarrer an manchen Orten zu gewaltthätigen Auftritten. Ein kleiner Rückschlag zu Gunsten des Protestantismus erfolgte, als Kaiser Matthias im Jahre 1609 eine Capitulations-Resolution unterzeichnete, in welcher er die alten und neuen Rechte der Stünde von Oberösterreich bestätigte und die Ausübung der protestantischen Religion dem Adel und den Bürgern der Städte und Märkte erlaubte. Erst unter Kaiser Ferdinand II. wurde dann die Religionsresorm wieder in Angriff genommen. Er ernannte im Jahre 1624 eine Reformations-Commission für Oberösterreich, welche den katholischen Glauben im Lande wieder herstellen sollte. Es wurde bestimmt, dass binnen acht Tagen alle protestantischen Prediger und Schullehrer das Land zu verlassen Hütten. Dieser Befehl wurde ausgeführt und die evangelischen Prediger und Schullehrer verließen das Land und begaben sich theils in deutsche Reichsstädte, theils nach Würtemberg. Sämmtliche sectischen Bücher mussten abgeliefert werden; aus Steyr allein führte man deren 20 Wagen voll fort. Dem Einflüsse, den die ausgewanderten Protestanten und König Christian IV. von Dänemark auf das Land ausübten, sind die neuen massenhaften Erhebungen des oberösterreichischen Bauernvolkes und der zweite Bauernkrieg int Jahre 1626 zuzuschreiben. Rach Beendigung desselben untersuchte eine Executions-Commission den traurigen Zustand des Landes. Ein Patent vom Jahre 1627 bestimmte, dass die protestantischen adeligen Landstände binnen drei Monaten sich entscheiden müssen, ob sie katholisch werden oder auswandern wollen. Die protestantischen Beamten, Bürger, Handwerkslente und Bewohner wurden aufgefordert, innerhalb eines Monates das Land zu verlassen, den Bauern hingegen wurde befohlen, sogleich den katholischen

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