Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

94 Weitere Götter waren Esus, der Kriegsgott, und Taranis, der Donnerer, der besonders auf den Gipfeln der Berge verehrt mürbe. Den Gottesdienst besorgten die Druiden, ivelche einen bevorrechteten Stand des Keltenvolkes und eine geschlossene Priesterkaste bildeten und den größten Einfluss auf das Familien- und das Staatswesen hatten. Sie erkannten und deuteten den Willen der Gottheit und der inenschlichen Geschicke nach dem Fluge der Vögel, aus den Eingeweiden der Thiere, aus den Gestirnen, aus den Traumen und auf mannigfaltige Weise. Es gab auch Priesterinnen, die Druidinnen, welche als iveise Frauen wegen der Gabe der Weissagung, ivelche man ihnen zuschrieb, in großem Ansehen standen. So mancher Aberglaube deutet vorzüglich bei den Bewohnern unserer Berge unb Wälder noch auf sie hin, z. B. der Glaube an Druden, an ihre Macht und schädlichen Einfluss auf den Menschen, ihre Zauberkünste, ferner der Drudenfuß, das mystische Fünfeck, die Drudenkreuze u. dgl. Zu den Zeiten des römischen Kaisers Octavianus Augustus geschah jener gewaltige Angriff vom Süden und Westen her, welcher auch unsere Gegenden in die Gewalt der Römer brachte. Diese vernichteten nicht gewaltsam den Cultus und die Priesterschaft der Kelten, aber im beständigen Umgänge mit den Römern nahmen die Kelten nicht bloß römische Sprache und Sitte, sondern auch den römischen Cultus an. Die alte Denkungsweise und der Glaube der Vorfahren verlor sich immer mehr und erhielt sich fast nur auf den Bergen und in einsamen Thälern, >vo selbst jetzt »och manche Spuren vorhanden sind. Die Götterlehre der Römer war größtentheils griechisch; dazu kamen aber echte römische Götter, vergötterte Kaiser und endlich die von anderen Völkern angenommenen Gottheiten. Die Hauptgötter der Römer waren: Jupiter, der Regent der Welt, Juno, seine Gemahlin, die Göttin des ehelichen und häuslichen Lebens, Neptun, der Gott der Gewässer, Ceres, die Mutter Erde, welche die Saaten hervorkeimen lässt, Venus, die Göttin der Schönheit und Liebe, Vnlcan, der Gott des Feuers und der Schmiede, Mars, der Kriegsgott, Mercurius, der Gott des Verstandes, auch der Grenzgott, daher sein Bild auf Straßen und Kreuzwegen stand, Pluto, der Beherrscher der Winde, Apollo, der Sonnengott, Minerva, die Göttin der Weisheit, Diana, die Göttin der Jagd, Janus, der Jahresgott, Saturnus, der Gott der Zeit, dem im December Feste gefeiert wurden u. s. w. Nebst diesen verehrten sie noch verschiedene Nymphen, Faunen, Satyren, Silvanen, Panen, Dryaden, Najaden, Oreaden rc. Die meisten dieser Gottheiten wurden von den Bewohnern unserer Gegenden ver­ ehrt, wie sich aus den aufgefundenen Spuren darthun lässt. So stand z. B. in Steyr ein dem Jupiter Stator geweihter Denkstein. Was den Cultus ausländischer Gottheiten betrifft, so fand sich in unseren Gegenden vorzüglich der Cultus des Mithras, des persischen Sonnengottes, dessen Cultus vielleicht schon bei den Kelten in alter Zeit vorhanden war oder von den Römern mit Veränderung und Umstaltungen wieder mitgebracht wurde. Die Römer hatten verschiedene Classen von Priestern: Auguren, Haruspices, Cutionen, Flamines rc. Die angesehensten waren die Pontifices, die über die ganze Gesetzgebung in göttlichen Dingen wachten, und über alle Priester lvar der Summus Pontifex gesetzt. Wann und tote das Christenthum in unser Land gedrungen ist, lässt sich mit Bestiutmtheit nicht angeben; aber es lvar in unseren Gegenden schon frühzeitig bekannt und mögen dasselbe römische Soldaten unb Kaufleute aus der berühmten Römerstadt Aquileja in unsere Gegenden gebracht haben. Die ersten sicheren Spuren der christlichen Lehre finden wir in unseren Gegenden zur Zeit der letzten, allgemeinen Christenverfolgungen, welche der römische Kaiser Diocletian im Jahre 303 n. CH. veranstaltet hatte. Damals lvurde auch die Christengemeinde in Lorch bedrängt. Florian, ein römischer Krieger höheren Ranges, eilte herbei und stärkte seine Genossen im Glauben. Der römische Prüfect (Landvogt) Aquilinus suchte zwar,

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