Reisejournal, 3. Jahrgang, Heft 4 ,1951

BRUNO WILDNER Bei 30 ~ im Schatten Schweif,gebadet schlich ich die glühende Häuserzeile entlang, meiner Behausung zu. Kragen, Knie und Gehirn waren gleichermaf,en weich bei diesen mörderischen Temperaturen. Ich hatte nur einen Gedanken: Wasser! Kühles, klares Wasser! Ganz benommen taumelte ich die Treppen empor, schlaf, die Eingangstür auf und wankte ins Badezimmer. Während ich mich Stück für Stück meiner Kleidung entledigte und das Wasser brausend in die Wanne flof,, wurde mir wohler und als ich gar mit geschlossenen Augen im erfrischenden Naf, lag, hätte ich mit keinem schwitzenden König gelauscht. Nach geraumer Zeil machte ich die Augen auf, schlaf, sie aber gleich wieder, um sie dann aufzureif,en, so weit es nur ging. Denn was ich da vor mir an der Wand anstelle· meines eigenen Bademantels hängen sah, konnte doch nur eine Fata Morgana, ein Trugbild meiner überhitzten Gehirnwindungen sein: dieses Gedicht von einem Bademantel, einem weiblichen Bademantel, bananenfarben mit pfirsichrosa Blümchen! Aber es war keine Täuschung. Auch als ich aus der Wanne stieg un<l das Wunderbare scheu betastete, enlmaterialisierte es· sich nicht, sondern blieb eine greifbare Sache. Ich legte mich wieder ins Wasser und dachte scharf nach. Wie kam der fremde Bademantel - er kam mir irgendwie bekannt vor - in mein Badezimmer? Wo halte ich ihn nur sclian gesehen? Vor meinen suchenden Gedanken dämmerte es: War es nicht am Sonntag gewesen, im Strandbad? Natürlich, die Frau meines Freundes Fritz, der einen Stock tiefer im selben Hause wohnte, hatte ihn getragen. Und nun konnte ich mir auch zusammenreimen, wie der Mantel in mein Badezimmer gekommen war: Frau Hedwig war heute im Strandbad gewesen, war heimkommend in Gedanken eine Treppe zu hoch gestiegen, hatte aufgeschlossen (ihre Schlüssel paf,len wohl zufällig auch für mein Schlaf,) und hatte den Mantel ins Badezimmer gehängt. Im Vorzimmer halte sie erst ihren Irrtum bemerkt, war umgekehrt, halte in Eile und Schreck statt ihres eigenen meinen Mantel erwischt und war in ihre Wohnung hinabgelaufen. Die zwingende Logik meiner scharfsinnigen Oberlegungen befriedigte mich lief. Ich räkelte mich wohlig in der kühlen Flut und lächelte nachsichtig und verzeihend über das zerstreute Köpfchen einer hübschen kleinen Frau. In diesem Augenblick hörte ich an der Eingangstür den Schlüssel ins Schlaf, stecken und drehen. Aha, dachte ich und kicherte in mich hinein, nun kommt sie, um ihren Mantel zu holen und meinen zurückzubringen. Aber nun muf,te sie sich noch ein wenig ·gedulden. Ich sauste aus der Wanne und schlaf, die Tür ab; der Schlüssel kreischte wie noch nie. Ein leichter Schritt verhielt vor der Tür und Frau Hedwigs Stimme fragte erstaunt: ,,Fritz, bist du denn schon daheim?" Es war kein Spiegel vor mir, aber ich muf, idiotisch dreingesehen haben. Wieso „Fritz", wieso „schon daheim?" Da sah ich etwas, das mich wie ein Schlag traf; ein fremder Stuhl stand in meinem Badezimmer; an der Decke hing eine Lampe, die ich nicht kannte und auf dem Waschtisch Fläschchen, Döschen und Sächelchen, wie ·sie nur eine Frau braucht. Und urplötzlich ging mir ein ganzer Kronleuchter voll Lichter auf, ich saf, in Frau Hedwigs Badewanne! „Fritz!" drängle es drauf,en beunruhigt, ,,warum sagst du denn nichts?" und eine Hand drückte auf die !<linke. Ich gab einen unartikulierten Grunzlaut von mir. ,,Um Gottes willen, Fritz, ist dir übel?" jammerte Frau Hedwig drauf,en und das Rütteln an der Tür verstärkte sich. • Jetzt schlaf, wieder jemand die Eingangstür auf. Ein schriller Schrei Frau Hedwigs und dann entgeistert, kaum gehaucht: ,,Fritz?!" Nun die polternde Stimme meines Freundes: ,,Na, na, Kindchen, ich bin ja früher gekommen als gewöhnlich, aber das ist doch kein Grund, so zu erschrecken - oder doch, ha? Du bist ja ganz bleich, du zitierst - was ist los?" Und als die arme Frau noch immer keinen Laut herausbrachte, dröhnend: ,,Was los ist, frage ich??" Ich kannte meinen Freund; ich wuf,te, daf, ihm jetzt die Zornesader auf der Stirne zu schwellen begann. Frau Hedwig bibberte, an ihn geklammert: ,,Es ist einer im Badezimmer." An ihrem darauffolgenden Aufschluchzen und am Röcheln meines Freundes erkannte ich, daf, er sie von sich gestof,en halte und, Front zum Badezimmer, das Haupt senkte, wie ein wütender Stier. ,,Wer ist es?" knirschte er. „Ich!" sagte ich schlicht, die Tür öffnend. Der Bademantel von Frau Hedwig war mir viel zu klein, die Ärmel reichten nur bis zu den Ellbogen und die Länge kaum bis zu den Knien, aber ich muf, in dem B~nanenfarbigen mit den pfirsichrosa Blümchen doch ungemein besänftigend ausgesehen haben. Fritz jedenfalls lief, sich auf einen Stuhl fallen und brüllte vor Lachen, und auch Frau Hedwig stimmte, nachdem sie ihre Oberraschung überwunden hatte, mit hellem Ton mit ein. Was blieb mir übrig, als mitzulachen? • Meine Eingangstür aber hat ein neues Schlaf, bekommen. !Damen- UND fflädcl1enbeJdeidung JEDER ART KAUFEN s1E AM BESTEN IM FACHGESCHÄFT 9. 9Jadhofer STEYR, BAHNHOFSTRASSE 4 1 8

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2