Reisejournal, 3. Jahrgang, Heft 4 ,1951

ELISABETH Ich war auf eine Woche zur Gamsjagd eingeladen, in einem entlegenen Gebirgstal. .Morgen wird Sie der Pursilschaner führen", sagfe der Förster eines Abends. Ich wunderte mich über den Namen. War doch der Pursitschan damals eine sehr feine und beliebte Tabaksorte. Am nächsten Abend, nachdem wir einen kapitalen Gamsbock geschossen hatten, erzählte mir der Oberförster, auf welche Weise der Greiner Sepp zu diesem Spitznamen kam. ich will die Geschichte hier so erzählen, wie sie sich nach den Angaben des Försters ungefähr zugetragen halle. Von der Hauplsladl war der Besuch eines englischen Lords angesagt worden. ,,Seine Lordschaft mu~ unbedingt einen guten Bock bekommen", hatte der Forstrat geschrieben, .er ist Gast der Regierung". .Sie wissen, was Sie zu tun haben", hatte der Förster zum Greiner Sepp gesagt, Damals hie~ er noch so. Nun, der Lord kam, ein gro~er, magerer Engländer mit bartlosem Gesicht, einem herrlichen Jagdgewehr in einem kalbledernen Futteral, mit einer kleinen BruyerePfeife, aus der er einen wundervollen Tabak rauchte. Der Sepp schnupperte nur so, als er das feine Kraut roch, das einen wundervoll duftenden blaugrauen Rauch von sich gab. Ansonsten ging alles nach Wunsch. Schwarz und stolz stand auf einem kleinen Schneefeld ein starker Gamsbock, ein wunderbares Ziel für einen guten Schützen. Er äugle vorsichtig gegen die Schlucht zu. Der Lord hob seinen Stutzen, zielte sorgfältig und machte den Finger krumm. Der Schu~ war tadellos, der Bock knickte zusammen, sprang dann noch einige Sätze über das schmale Schneefeld und blieb liegen. Eine Viertelstunde später hatte der Sepp den Bock gebracht. Der Lord belrachlefe mif Kennerblicken die Beule. Der Bart war gut, ganz ausgezeichnet sogar, der Bock hatte seine sechs Jahre. .Welf. Ich will gehn auf die Gipfel", erklärte der Lord und zeigte auf den Gebirgskamm hinauf, der unweit der Stelle, an der sie sa~en, die höchste Erhebung zeigte. Dem Sepp war es recht. Bis dahin würde er mit dem Bock fertig sein, meinte er. Der Lord lie~ seinen ledernen Rucksack PICHLER und seinen Jagdstutzen zurück, hängte sich das Fernglas um und stieg mit elastischen Schritten den steilen Hang bergan. Eine Weile sah ihm der Sepp nach, dann war er mif seiner weidmännischen Arbeit beschäftigt. Als er fertig war, sah er hoch oben am Kamm sich die lange Gestalt des Lord von den Wolken abheben. Der kommt noch lange nicht, dachte der Sepp. Neben dem Rucksack des Lords lag halb geöffnet der lederne Tabaksbeutel mit dem Pursilschan. Nur riechen wollte der Sepp, den köstlichen Duft einatmen. Dann überlegt er, ob er sich seine Pfeife damif stopfen könnte? Das würde der Lord sicherlich merken. Eine Handvoll Tabak in seinen eigenen Rucksack werfen? Das bekommt einem feinen Tabak bekanntlich nicht gut, au~erdem konnte man doch nie wissen, ob· der Lord nicht in den Rucksack griff, um sich von dem Proviant zu nehm~n, den der Sepp in seinem Rucksack trug. Da fiel der Blick des Jägers auf sein· Gewehr. Ein breites Grinsen umzog sein Gesicht. Kurz entschlossen stopfte er einige Hände voll des feinen Pursitschans in den Gewehrlauf. Mit einem kleinen Zweig stopfte er den Tabak zusammen, um möglichst viel Platz zu schaffen. Geschossen würde ja heule doch nicht mehr. Und wenn schon etwas vor die Büchse kam, der Lord halle natürlich heule jeden Schu~. Nachdem der Sepp den Lauf seiner Büchse mit dem feinen Tabak vollgestopft hatte, legte er den Tabakbeutel wieder an seine Stelle zurück. Teufel, war der aber eingegangen! Da fiel der Blick des Jägers auf einen nahen Ameisenhaufen. Kurz entschlossen schaufelte er mit beiden Händen die trockene Spreu aus dem Haufen mitsamt den wimmelnden Ameisen und streute sie bis zum Tabaksbeutel hinüber. Nach einer halben Stunde kam der Lord zurück. Der Sepp lag der Länge nach ausgestreckt und schlief. Der Lord sah auf den Tabaksbeutel. .Damned! Mein Tabak!" Der Sepp tat so, als ob er eben aufwachte. Er fuhr auf und rieb sich die Augen. Der Lord zeigte fassungslos auf die Ameisen. Sie wimmelten um den Tabaksbeutel herum. 15 .Damned . .. ich nicht wissen, da~ Ameisen speisen Tabak?" .Woll, woll", sagte der Sepp ganz frech. •Den Tabak habens sogar recht gern, die Teufelsludern. Mir habens einmal einen ganzen Beutel aufgfressen !" Der Lord nahm einen lmbi~ zu sich, dann brach man auf. Der Weg ins Tal war lang, gegen Mittag wollte man beim Forsthaus sein. Die beiden mochten ungefähr eine Stunde lang gegangen sein, als sie knapp an einer Waldlichtung, dicht vor sich, einen Fuchs stehen sahen, der unter dem Gehölz hervor mi~lrauisch zum nahen Gebirgsbach windele. Die beiden Jäger standen gegen den Wind, im Rauschen des Baches hörte der Fuchs nicht ihre Schritte. Das Gewehr anlegen war das Werk einer Sekunde. Da merkte der Lord erst, da~ er nicht geladen hatte. Er ri~ dem Sepp das Gewehr aus der Hand, legte an, zielte eine Sekunde lang und scho~. Der Fuchs machte einen einzigen Salz, den letzten in seinem schönen Raubtierdasein, und streckte seine Läufe weil von sich .. . Aber wie sah das arme Tier aus! Ober und über der schöne Pelz von einer dichten, halb verbrannten, schwarzbraunen Schichte bröseligen Tabaks bedeckt, der sich bis in die Haut eingefressen halte. Der Pelz stank nach Pulver, Tabak und verbrannten Haaren. Der Lord nahm den loten Fuchs auf, besah sich den Pelz, roch daran, betrachtete dann das Gewehr des Sepp und besah sich den Lauf, während der Jäger leichenbla~ danebenstand und nur wünschte, da~ sich jetzt der Boden unter seinen Bergstiefeln öffnen möchte. •Well, jetzt müssen Sie mir noch sagen, da~ dieses Fuchs haben gefressen die Ameisen mit meine Pursilschan und deshalb stinken nach Tabak. Uollen Sie das sagen?" Der Sepp hätte auch das gerne gesagt, wenn es ihm früher eingefallen wäre. Bei dem Zustand seines Gewehrlaufes war es aber wirklich nicht mehr möglich, zu leugnen. Der Lord hat die Geschichte dann beim Wein lachend erzählt und es dem Sepp nicht weiter übel genommen. Von damals an hie~ der Sepp nur mehr der Pursitschaner. LINZ LamMP:15 {iippiche Vorhänge Möbelstoffe Wo!hi.Steppdet1r11 Matratzen lino/eum "&jen/Jekti

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