TRATTENBACHER ,,ZAUCKERl5" Eines der reizvollsten Seitentäler im Vorolpengebiet um die Enns ist das T r a 11 e n b ach I a 1. Es wird seil den letzten Jahrzehnten viel und gern aufgesucht von Wanderern, die abwechslungsreiche Szenerien lieben. Und diese sind in diesem Gebiet in reicher Fülle vorhanden. Das Trattenbachlal hat einen jahrhundertealten Namen. Dieser gründet sich nicht auf die Vorzüge der Landschaft, sondern hat seinen Ursprung in einem alten, erfolgreichen Handwerk: Der Messererzeugung. Es sind keine Kunstwerke mit fein ziselierten Klingen und kunstvoll geschnitzten Griffen, sondern einfache, handfeste Messer, die durch die eigenartige Form und Ausführung onter dem Namen „Taschen/eitel" zu einer wirklich europäischen Berühmtheit gelangten. Billig waren und sind diese Messer, die auch den von leichtem Spott angehauchten Namen „Zauckerl" tragen und sie erfüllen den ihnen zugedachten Zweck vollkommen. So einfach auch Form und Ausführung sind, erfordert die Herstellung dennoch ein ausgezeichnetes Rohmaterial, ein gediegenes fachliches Können und eine entsprechende maschinelle Einrichtung. Nicht weniger als 34 Erzeugungsvorgänge bedarf es, um aus dem Stahlband und den klobigen Holzklötzen die fertigen Taschenfeitel herzustellen. Nahezu für jede dieser 34 Phasen gibt es teils grö~er;, teils kleinere, meist aber handbedienle Maschinen. Von dem Stahlband wird die Klinge in ihrer rohen Form herunlergeslanzl, die sodann, nach Einprägung des Firmenzeichens, ins Hammerwerk zur Breitung und schlie~lich in die Schleiferei wandert, um Schliff und Glanz zu erhalten. oi, U~eid, d,ec für gute Brillen J,,;Uef r,.,ie" Daneben einher gehl die Erzeugung des Heftes, das in seiner bunten Färbung und gedrechselten, gerillten Form dem Taschenfeilel sein besonderes Gepräge verleiht. Je nach der erforderlichen Länge werden vorerst mit der Kreissäge von Holzstämmen Klötze herunlergeschnillen, diese dann zu Bretteln gekloben und aus ihnen die „Rundhölzer" (rohe Form des Heftes) gestanzt. In der Drechslerei erhalten sie ihre endgültige Form und den Falz zur Aufnahme der Klinge. Nun haben sie die im wahrsfcn Sinne des Wortes malerische Färberei zu durcheilen: sie verschwinden in einem riesigen, schwenkbaren Färbebottich, den sie nach kurzer Zeil farbgesättigl verlassen - das weiche Holz nimmt nämlich die Farbe rasch und intensiv auf - um schlie~lich auf gro~en Drahlroslen getrocknet und in einer schwenkbaren Bulle gscheuerl zu werden. Wenn nun Klingen und Heft in säuberlicher Vollendung da liegen, werden sie schlie~lich „montiert", d. h. die Klinge wird am Heft vermittels eines Ringes so befestigt, da~ sie, um einen Stahlslift als Achse schwenkbar, nach Art der Taschenmesserklinge in den Falz des Heftes eingreifen kann. Die Taschen/eitel sind aber keine Einheitsware. Es gibt verschiedene gangbare Arien, so Kugel-, Obst- und Weinlesemesser, den eigentlichen Taschenfeile( mit und ohne „Pfeifenslierer" und sogar Damenmesser. Sie unterscheiden sich in der Grö~e, in Form und Färbung des Heftes, Klingenbreite und -ausführung, werden ferner mit polierten und unpolierten, glatten und gerillten Heften hergestellt. Eine jahrhundertealte Tradition umwebt die „Zauckerl"-Erzeugung. Bevor die lange, interessante Geschichte dieses ehemals blühenden Zweiges österreichischen Handwerks in gro~en Umrissen geschildert wird, sei der Ausdruck „Zauckerl" erklärt. Unter „Zauck" versteht man im oberösterreichischen Volksmund ursprünglich ein weibliches Kleintier, vornehmlich eine Hündin. Im erweiterten Sinn erfo~t dieser Ausdruck eine gewisse Minderwertigkeit des weiblichen Geschlechtes gegenüber dem Manne. Daraus hat sich in der Gegend von Trattenbach ein bis heute noch üblicher Brauch entwickelt: Wird nämlich einem guten Bekannten ein Mädchen geboren, so schickt man ihm ein „Zauckerl", einen Taschen/eitel, ins Haus. Trotz all dem ist ,,Zauckerl" immer ein Ehrenname gewesen, der Handwerksflei~, Geschick und Können bedeutete. Der Ursprung der Messerschmiede ist urkundlich im Sleyr!al, vor allem in Steinbach nachz1.1weisen. Um das Jahr 1500 ist dort Barlholomäus Löschenkohl, der „Messerer-Bartl", wie man ihn später nannte, eingewandert und hat dieses Handwerk zu hoher Blüte gebracht. Es halle einen im wahrsten Sinne des Wortes goldenen Boden und der weitblickende Mann sah sich nach weiteren Entfaltungsmöglichkeiten um. So kam er einmal ins Trallenbachtal, erkannte die Möglichkeit der Nutzung der Wasserkräfte und entschlo~ sich, dort zu siedeln. Mit der damaligen Grundherrschaft, den Grafen von Lamberg, schlo~ er einen Vertrag ab, der ihm eine Reihe von Sonderrechten sicherte. Am Ausgang des 16. Jahrhunderts war das Tal bereits von Zauckerlschmieden dicht bevölkert und im Jahre 1679 wurden die schon lange als unangenehm empfundenen Bindungen mit der Innung der Messerer von Steinbach an der Steyr gelöst. Trattenbach wurde also selbständig und nahm einen für damalige Zei_ten phantastischen Aufschwung. Gewi~ kamen auch Wirtschaffskrisen, Kriege, feindliche Besetzungen und andere gro~e Nöte. Die gesunde Grundlage aber hielt und nach jedem Sturm, der oftmals gewaltige . Schäden anrichtete, ging man· mit frischem Mut an die Wiederherstellung. Nur die eigene Kraft, das feste zusammenstehen von Meister und Gesellen und der Wagemut schulen neue Blüten und Wohlstand. Heule sind, wie bereits erwähnt, die Tratlenbacher Taschenfeile( nicht mehr eine Standardware, die am Balkan ebenso zu haben war wie in Nordafrika oder in Ru~land. Dafür hat sich die Erzeugung umgestellt. Es sind nicht neue Produkte, die heule die gro~en und hellen Werkshallen verlassen, nur dem Verlangen des Marktes entsprechend verfeinerte Erzeugnisse. Aus Trattenbach kommt nämlich ein wesentlicher Teil der E~beslecke, die sich abermals den Weltmarkt erobern konnten. FAHRZEUG- UND MASCH INENHANDLUNG 1:füey,c, (J.cünmac~{ 1 ä TELEFON 56 GEGRÜNDET 1889
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