Reisejournal, 3. Jahrgang, Heft 4 ,1951

Oad Hans Watzinger. am 7. September 1908 zu Steyi· geboi·en, vei·öffentlichte 1987 seinen ei·sten Roman „Spiel in St. Agathen". clei· dui·ch seine eigenai•tige Problemstellung und seine oft bis zw· Meistei·schaft gesteigei·te Schilderung Aufsehen eiTegte und den jungen Dichtei· in die ei·ste Reihe dei· deutschen Erzähler dei· Gegenwart stellte. Mii dem Luthei·-Roman ..Mensch aus Gottes Hand". clm· auch ins Holländische und Schwedische übersetzt , ist. und dei· Fadinger-Erzählung „Die Pfandherrschaft" begab sich Watzingei· auf sein ureigenstes Gebiet. die historische Dichtung, die e1· im SinnP Eni·i.cas von HandelMazzetti gestaltet. Andere Wei·kr dieser Art sind sein Erzählungsband „Der Bilderschnitzei· von Kefermarlct", der demnächst, erweitert durch mehrei·e Ei·zählungen, in neuer Auflage erscheinen wird. und der Roman „Kaiser·, Kui·fürst, Herr und Bauei·'·. dessen Herausgabe zur Weihnacht 1951 bevorsteht. Das StadlLand-Problem seines Erstlings griff Watzinger in der strengen Erzählung „Die Heimlcehi· aus der Stadt" und in dem liebenswürdigen Roman „Die Bauernhochzeit" von neuem auf. Qual und Gnade des schöpfei·ischen .Menschen, ebenfalls ein beliebtes Thema des Dichtei·s, fanden in dem unter dem Pseudonym G. v. Mindei·n 1947 erschienenen Roman „Heri·enwald" ihre eigenwillige Prägung. Ein zweitei· Band „Spät bekränzt hat sich das Jahr", dei· bereits abgeschlossen ist, führt das schicksalhafte Leben des Malers Wilfred aus „Heri·enwald" zu Ende. Watzinger ist auch als Diwn·atiker hei·vorgetreten, und zwar mit dem Schauspiel aus dem Dorfe „Martin", das die Sendergruppe West, Studio Innsbruck, in Küi•ze bringen wird. Zwei weitere Schauspiele „Der Untergang des Christian Dietrich Grabbe" und „Liebe in Nohant", ein Sand-Chopin-Stück, stehen voi· de1· Urauffülwung. Im Sommei· 1950 hat dei· Dichter ein Schauspiel „Fünf Unzertrennliche und dBr Sechste", mit dem Thema Sport und Liebe untei· jungen 11,[enschen, vollendet. Cal'l Hans Watzinger, der mit seinen sprachlich gepßegten Kurzgeschichten und Ei•zählungen seit J alwen in den bedeutendsten östen·eichischen und deutschen Zeitungen und Zeitschi·iften ei·scheint, ist fe·rnei· als Hörspieldichter belca.nnt geworden. Ei· hat eine neue Form des dichterischen Hör·spiels geschaffen, die heute schon vielfach nachgeahmt wird. Oarl Hans Watzinger lebt seil 1938 als freier Schi·iftsteller in Linz. Nach einem nahezu einjährigen schweren Krankenlagei· ai·beitet er jetzt wiedei· froh uncl verantwortungsbewußt an einem neuen Roman. dei· dem Leben P. Maui·us Lindemayrs, des Vater·s der ober·- österreichischen Mundai·tdichtung, gewidmet ist,-dessen geistige Bedeutung füi· den gesamten abendländischen Kulturlcr·eis bisher· riui· von einigen wenigen erlcannt wurde. Man lcann erwarten, daß Watzinger in diesem Wei·lc neuei·- dings ein großes Zeitgemälde gestalten wird, wie er es VDI' allem in seinem Luthei·-Roman und in dei· Titelerzählung seines ..Bilc/Prschnitzers von Kefermarkt" !7Pschaffen hat. V O N CARL HANS WATZINQER Josef Werndl, der Waffenkönig des 19. Jahrhunderts, wie er nachträglich geheiryen wurde, zählt zu den bedeutendsten Männern, die Oberösterreich hervorgebracht hat. Er war ein Mann der Tat, ein Mensch mit faustischem Drang, wie er unsere Groryen seit je erfüllt hat. Das handwerkliche Erbe desVaters kam noch hinzu, es gab den festen Untergrund, auf den dann der schöpferische Geist kühn baute, bis den weitschauenden Mann ein in seiner Verkettung mit den irdischen Dingen an sich tragischer Tod frühzeitig, im Aller von 58 Jahren, mitten aus seinen Plänen riry. Sein Vater Leopold Werndl entstammte einer bekannten Nagelschmiedfamilie und war ein angesehener Bürger der landesfürsllichen Stadl Steyr. Er betrieb, nachdem er das Bohrerund Sensenschmiedhandwerk aufgegeben halle, eine ansehnliche Werkstätte für Waffenerzeugung, vor allem Waffenbestandteile. Hier erlernte der Sohn Josef das Waffenschmiedehandwerk, ohne dary die immerhin gut eingerichtete Werkstätte des Vaters in Leiten an der Steyr seinen AnsprQchen auf die Dauer genügt hätte. Dazu kam, dary der kraftstrotzende und vorwärtsstürmende Jüngling, der älteste von 16 Geschwistern, mit der ruhigen und am Althergebrachten hangenden Art des Vaters sich nicht befreunden konnte. Eine weitere Ausbildung bei einem Wiener Büchsenmacher trennte dann Vater und Sohn. Beide hätten über diese Zeil hinweg zueinanderfinden können, wenn Josef nicht wieder einen allzu selbständigen Schrill getan hätte, der dem Vater miryfiel. 1850 trat Josef Werndl freiwillig in den militärischen Dienst. Er wurde nach der soldatischen Ausbildung in die Gewehrfabrik des Wiener Arsenals kommandiert. Von hier führen wohl die Pläne weg zu den Absichten, die er später in so überwältigender Weise durchgeführt hat, zuletzt ausgelöst durch die Eindrücke, die er in den einschlägigen Fabriken in England und Nordamerika sammeln konnte. 18 Monate arbeitete er im Wiener Arsenal, dann bat ihn der Vater, der den Sohn unter seiner Aufsicht haben wollte, von der dreijährigen Verpflichtung los. Nach kurzer Arbeitszeit in der Feilenhauerei des väterlichen Betriebes zog der tatendurstige junge Mann wieder in die We!I hinaus, zunächst nach Ferlach, dem Sitz der berühmten Kärntner Waffenerzeugung, dann nach Thüringen, wo er sich in seinem Handwerk vollends ausbildete. Nach zwei Jahren kehrte er nach Steyr zurück. Er trat wieder in die Wetkstätle des Vaters ein, konnte sich aber noch weniger als früher mit dem väterlichen Vorgesetzten verstehen, und so errichtete er eine eigene Polier- und Schleifwerkstätte, was nicht gerade versöhnlich auf Leopold Werndl wirkte. Da starb 1855 plötzlich der Vater. Sein Tod ist für Josef Werndl Beginn seines Weges, Wandlung und ernstes Streben. Er über- • nimmt, im Alter von 24 Jahren, gemeinsam mit der Mutier, einer geborenen Mil,ler, die kleine Fabrik des Vaters und baut sie modern aus. Als er dann 1861 auf einer Besichtigungsreise durch die damals berühmte englische Gewehrindustrie mit Agenten bekannt wird, die für die Parteien des Bürgerkrieges in den USA Waffen kaufen, enlschlieryl er sich auf ihr Anraten kurtwegs, sofort nach Amerika zu fahren, um die marygebenden Persönlichkeiten für sein Werk zu interessieren. Er arbeitet in der Folge als Schlosser bei Colt in Hartlord und in der Remingtonschen 12

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