Franz Xaver Pritz - Geschichte der Stadt Steyr

315 Zwölf Knaben in Engelkleidern streuten Rosen vor der Tumba mit den Reliquien, welcher der Abt und elf Priester zunächst voran-gingen und die von Geistlichen und Laienbrüdern des Stiftes Garsten getragen wurde. Zur Seite gingen sechs Fackelträger und der Tumba folgte der Adel, der Magistrat, die Bürgerschaft und eine zahllose Menge Volkes. Der Zug ging über den Graben zum Schlosse und als er dort ankam. erschallte der Donner von 100 Kanonen, welche jenseits des Steyr- und Ennsflusses aufgestellt waren; immerfort erscholl Musik und läuteten die Glocken. Dann bewegte sich die Prozession langsam über den Schlossberg hinab, durch die Enge und den Stadtplatz zur Pfarrkirche; da wurde die Tumba auf dem Hochaltäre aufgestellt, Abt Anselm stimmte das „Gott, dich loben wir!“ an, und hielt ein feierliches Hochamt. Die Abhaltung dieses Festes wurde nach Passau berichtet und um die jährliche Wiederholung der feierlichen Aussetzung dieser Reliquien am 6. September gebeten, wozu auch im März 1689 die Erlaubnis erteilt wurde. Umdiese Zeit war auch die innere Einrichtung der Pfarrkirche vollendet worden; den Hochaltar hatte Marian Rittinger, ein Laienbruder von Garsten, der in dergleichen Arbeiten sehr geschickt war und der Bildhauer Petrus Thurnier gemacht; die Holzarbeit kostete 1300 fl., die Vergoldung 2764 fl., der Tabernakel 150 fl., das große Altarbild, die Weisen aus dem Morgenlande vor dem Kinde Jesu vorstellend, war von dem berühmten Karl von Röselfeld um 1000 fl. gemalt worden; die erneuerte Kanzel kostete 1070 fl., die alte, unbrauchbare Orgel wurde um 300 fl. wiederhergestellt; der ganze Betrag aller Kosten belief sich auf 6584 fl. Dieselben wurden teils vom Vermögen der Pfarrkirche, teils von mehreren Legaten bestritten, die 1686 zu diesem Zwecke gemacht worden waren. Vieles trug auch Abt Anselm und besonders ein Wohltäter, Herr von Pfaffer, Rat der k. Hofkammer, auf Bitten Anselms und des gewesenen Bürgermeisters, Gregor Schinnerer, bei. Er vermachte nämlich dazu 3200 fl. in seinem Testamente, welche eigentlich die fälligen Interessen eines großen, der Stadt Steyr geliehenen Kapitals waren. Da aber diese sehr verschuldet und gegen ihre Gläubiger mit einem

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