Franz Xaver Pritz - Geschichte der Stadt Steyr

211 die Reichsstände nach Augsburg zu schicken, um Hilfe gegen die Türken, und die Zulassung, das heilige Abendmahl unter zweierlei Gestalten zu nehmen, zu erlangen; fünf aus ihrer Mitte wurden nun dorthin abgesandt. Auf diesem Reichstage wurde nun das sogenannte Interim bekannt gemacht, welches aus 26 Artikeln bestand, wodurch bis zur Entscheidung der allgemeinen Kirchenversammlung zu Trient, welche 1545 begonnen hatte, einige Glaubensartikel festgesetzt, und das Abendmahl unter zweierlei Gestalten zu nehmen erlaubt wurde. Im folgenden Jahre, 1548, verheiratete sich der Pfarrer in Steyr, Wolfgang Waldner, mit seiner Magd, welches hier nie geschehen war, und großes Aufsehen erregte; er wurde auch nach Passau vorgerufen, aber die Bürger und der Sohn des Burggrafen, welcher der neuen Lehre günstig war, baten für ihn, dass er dort nicht erscheinen dürfte, jedoch umsonst. Daher entfloh er heimlich mit seiner Magd nach Augsburg, und schrieb nach Steyr, dass er der katholischen Religion gänzlich entsagt und sich verehelicht habe, aus Steyr aber entflohen sei, weil er Nachstellungen gegen sein Leben befürchtet habe. Er ward später, 1565, Pastor zu Regensburg. Ihm folgte als Pfarrer dessen Kapellan, Lorenz Twenger, auch ein Mitglied des Stiftes Garsten, welcher ein großer Eiferer für die lutherische Lehre nach Inhalt der Augsburgischen Konfession war, und dieselbe öffentlich predigte. Bis zum Jahre 1554 trug sich hier fast nichts Merkwürdiges zu; dieses aber war wieder durch ein fürchterliches Unglück ausgezeichnet, denn am 23. April, an einem Sonntage, brach unversehens ein heftiges Feuer im Steyrdorf aus, und wütete mit solchem Ungestüm, dass mehr als 200 Häuser dieser Vorstadt, vorzüglich in der Gleinkergasse bis zum Spitale herein, ein Raub der Flammen wurden, und über 70 Personen elendiglich zugrunde gingen. 1556 sandte K. Ferdinand seinen Sohn gleichen Namens mit einem großen Kriegsheere nach Ungarn gegen die Türken; daher wurde in allen österreichischen Ländern zur Erreichung eines glücklichen Feldzuges ein allgemeines Frühgebet, das Türkengebet genannt, in den Kirchen eingeführt; auch in Steyr wurde

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2