Franz Xaver Pritz - Geschichte der Stadt Steyr

201 der Geistlichen werde immer geringer, daher wolle sich keiner mehr herbeilassen, die Seelsorge in der Stadt auszuüben; was die Stiftungen betrifft, so habe er noch nie vom Magistrate eine genaue Abschrift derselben erhalten. Die Bürger gaben wieder eine Gegenschrift ein, verteidigten sich auf die Klagen des Abtes, behaupteten den Verfall der Disziplin bei den Dominikanern, und ihre Untauglichkeit zum Predigen u. s. f. Indessen, da sich wohl beide Teile mancher Nachlässigkeit schuldig wissen mochten, und viele Bürger ohne Zweifel den lutherischen Lehren anhingen, wie aus dem Gange der Geschichte bisher erhellt, so wollten sie die Sache nicht als eigentlichen Prozess vor die Kommission bringen, sondern glichen sich in Güte aus, kamen im April 1529 zusammen, und machten einen Vergleich, in dem die Bürger den Abt nach altem Herkommen und Recht für ihren obersten Pfarrer erkannten, und ihn baten, künftig würdige und gelehrte Priester zu schicken, die Stiftungen, deren Abschriften sie ihm zuschicken würden, gut zu vollführen, und versprachen den Unterhalt der Priester nicht zu schmälern; der Abt hingegen verhieß, diese ihre Bitten zu erfüllen. Aus dieser Nachgiebigkeit der sonst so hartnäckigen Steyrer geht wohl hervor, dass sie selbst den größten Teil der Schuld getragen hatten. Stiller schlich sich nun die neue Lehre in die Herzen der Bürger, aber die Verbote Ferdinands konnten sie nicht mehr vertilgen; in Steyr und ändern Städten, vorzüglich auf den Burgen der Adeligen, erhielt sie sich, um bei gelegenerer Zeit mächtig hervorzubrechen. Nebst diesen bedeutenden Ereignissen in Ansehung der Religion fielen während dieser Zeit noch wichtigere, gefährlichere in politischer Hinsicht vor; große Gefahren drohten dem Vaterlande, und nahten endlich wirklich heran. Die türkische Macht hatte sich immer vergrößert, 1526 am 28. August geschah die große Schlacht bei Mohacs in Ungarn zwischen Sultan Solyman und Ludwig II., König von Ungarn. Dieser verlor die Schlacht und das Leben, der Sultan rückte vorwärts, seine Renner streiften plündernd und brennend bis Raab herauf. Ein allgemeiner Schrecken ergriff die benachbarten Länder. Linz, Enns, Neuhaus, Leonfelden, Freistadt, Pirnstein, und gegen das Gebirge zu Spital, wurden befe-

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