Die Gewerken im Bannkreise des Steirischen Erzberges

392 Karl Ludwig v. Ziernfeld hatte 1674 u. a. die Anerkennung seines Adels als eines rittermäßigen Reichs- und erbländischen erhalten und wurde auf Grund dieser Ver­ leihung in allen amtlichen Ausfertigungen „des heil. röm. Reiches Ritter“ genannt1); sein Sohn Franz Leopold erstrebte nun eine weitere Standeserhöhung und bat unter Berufung auf die Verdienste seiner Vorfahren und seines Vaters, auf die ihm zur Verfügung stehenden Mittel und nicht ohne kleine Ironie unter Hinweis auf die 1673, also nach dem Abgänge vom Eisenerzer Amte erfolgte Baronisierung des Kammergrafen Leopold Gottlieb v. Neidhart, um die Verleihung des Freiherrn­ standes, die ihm von Kaiser Josef I. ddo. Wien 23. März 1709 bewilligt wurde Er erhielt mit dem angegebenen Diplome den Reichs- und erbländischen Freiherrn­ stand nebst Wappenbesserung und dem damals für Freiherrn gebräuchlichen Titel „Wohlgeboren“. 1727 zog sich Ziernfeld auf seine Güter zurück, worauf Franz Ignaz Freiherr Wenzel v. Sternbach zum Kammergrafen ernannt wurde. Die Bezüge des Kammergrafen bestanden in einer Besoldung von 1150 fl., 130 fl. Kanzleipauschale, in der Beistellung von Holz, Licht, Botengängen, dem Eierzinse von 104 Untertanen (rund 400 Eier) im Amte Münichtal und Hieflau, der Benützung von Alpen, Wiesen, Gärten, Fischwasser, Wilddeputat, Inventurs­ taxen der Untertanen, Dienstgeschenke, seit 1728 Taxen für die kammergräfliche Ratifikation der von der Gewerkschaft gewählten Beapiten u. dgl. Die Bezüge waren somit selbst für die damalige Zeit nicht bedeutend, da der Kammergraf aus eigenem mindestens einen Amtsschreiber bezahlen mußte und ihm mannigfache Repräsen­ tationsauslagen erwuchsen. Über die Schwierigkeit der Stellung sagt ein Funktionär dieses Amtes aus der Zeit der Kaiserin Maria Theresia, der Kammergraf müsse fähig sein, das Punctum juris steirischer und österreichischer Praxim in Kürze zu begreifen, sein größtes Kunststück sei aber, die gewerkschaftlichen Vorsteher und Offizianten mit Vernunft, Lieb und Furcht zu gubernieren. Es fänden sich im Personale immer welche, die in der Welt versiert seien und aus ganz natürlichem Antrieb sich in ihrem Eigentum nicht gerne etwas schaffen lassen. Da selbst viele von adeligen Eltern abstammen, müsse man einen Kammergrafen von Geburt hin­ geben. Doch sei die Besoldung klein . . . * 2). Kehren wir nach dieser Abschweifung zu Franz Leopold v. Ziernfeld zurück. Da seine mit Maria Theresia, der Tochter des Hofkammerrates Franz Karl Matz v. Spiegelfeld, geschlossene Ehe kinderlos blieb, nahm er einen entfernt Verwandten aus der Brixner Linie, den 1711 geborenen Georg Joachim Anreiter an Kindesstatt an. Den Tirolern war und ist noch heute ein viel ausgeprägteres Bewußtsein der Familienzusammengehörigkeit eigen als den Bewohnern der östlichen Alpenländer, sie hängen mit größerer Zähigkeit am Besitze und erhalten und pflegen die Über*) Scheinbar in voller Unkenntnis dieser Tatsachen, wollte unser Adelsamt nicht nur den Eittertitel den Familien des rittermäßigen Adels absprechen, sondern eröffnete neuestens auch einen Feldzug gegen die „Reichstitel“, zu dessen schwächlicher Begründung das — Naturrecht des Staates herhalten mußte. Man wundert sich wirklich, wozu unsere Verwaltung während des Weltkrieges Zeit fand. 2) Allg. Archiv d. Minist, d. Innern, V c 2 : „Kurzer Entwurf der Innerberger Hauptgewerk­ schaft und was der Kammergraf zu besorgen hat“.

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