Österreichs Eisen in Vergangenheit und Zukunft

Edelstahlwerke dem Stand der modernen Hüttenwerke des Auslandes anzupassen sowie jene organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die es ermöglichen, die neu zu errichtenden Anlagen günstig auszunützen, dann wird es gelingen - auf die Gefahr, daß der eine oder andere Betrieb eingeschränkt oder stillgelegt werden muß - den Eisenpreis nicht un- wesentlich zu ermäßigen. Der oft ausgesprochenen Meinung, auf dem Eisensektor wäre die Entwicklung fraglich, weil das Eisen auch vor 1918 zu teuer war, muß entgegengetreten werden, da der Vergleich ein unrichtiges Bild ergibt. Die Gründe, warum das Eisen vor 1938 zu teuer war, sind bekannt; sie liegen hauptsächlich darin, daß die Anlagen damals veraltet waren, im Gegensatz zu den Konkurrenzwerken Trzynietz und ·Witkowitz, die über modernste Maschinen und Einrichtungen verfügten. Es ist unschwer nachzuweisen, daß auch das österreichische Eisen billiger ·gewesen wäre, hätte Donawitz die Ausrüstung der vorgenannten Werke besessen. Es muß leider festgestellt werden, daß diese Frage vielfach zu allgemein behandelt wird, weshalb leicht der Eindruck entsteht, es liege im österreichischen Eisenwesen ein grundsätzlicher Fehler vor, der nicht zu beseitigen ist, was jedoch nicht zutrifft. Dem Fachmann ist bekannt, daß beispielsweise das österreichische Fertigprodukt des Eisens 1938 durch- sd:mittlich um 20-30 Prozent teurer war als das deutsche. Dabei war der Unterschied beim Roheisen nicht groß, trotzdem die steirischen Hoch- öfen kleiner waren als die deutschen. Auch im Rohstahl waren die Gestehungskosten-Unterschiede nicht so bedeutend. Jedenfalls konnten sie durch die kleineren Siemens-Martin-Ofen und die nicht so günstige Gaswirtschaft aufgeklärt werden. Der große Unterschied lag in den viel höheren Umwandlungskosten der Walzwerke. Da nun gerade auf diesem Sektor im Zuge der Marshallhilfe der größte Schritt gemacht wird, außerdem auch die anderen Betriebe modernisiert werden, so kann man - wenn die besprochenen Gedanken Berücksichtigung finden - damit redmen, daß unter Ausnützung des Frachtvorsprunges ein für die Fertig- industrie tragbarer Eisenpreis resultiert. Die bisherigen Erklärungen genügen allein noch nicht, die Behaup- tung zu beweisen, daß es richtig sei, in Osterreich auch weiterhin das Erzvorkommen auszunützen und Eisen und Stahl zu erzeugen. Voile Klarheit kann hierüber unter gewissen Annahmen über die kommende allgemeine Entwicklung nur geschaffen werden, wenn die Grundlagen für eine Anlagenbewertung gegeben sind und die Erstellung einer Er- öffnungsbilanz und einer Erfolgsrechnung der gesamten Eisenindustrie ermöglicht wird. Die Frage der Berechtigung einer österreichischen Eisenindustrie sei - wenn auch etwas theoretisch - noch durch folgende Überlegungen beantwortet: Es wird angenommen, ein vereinigtes Westeuropa besäße nur seine jetzigen Erz- und Brennstoffvorkommen, seine Wasserkräfte, die heu- tigen Verkehrswege und Absatzmärkte, aber keine Hüttenindustrie, und würde vor die Aufgabe gestellt, diese aufzubauen. Es würde zu weit 29

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