Österreichs Eisen in Vergangenheit und Zukunft

peraturen bis über 1600 Grad erzielt werden konnten. In diesen öfen, den sogenannten S i e m e n s - M a r t i n - ö f e n , wurde ein H e r d - f r i s c h p r o z e ß geführt, der es ermöglimte, Flußeisen und Flußstahl zu erzeugen. Mit dem Bau der Siemens-Martin-Öfen (Bild 15 und 16) entstanden Hüttenwerke in Gegenden großen Schrottanfalles, die je nam der Prozeßführung frei von einer Erzgrundlage waren. Sowohl durm den Siemens-Martin- als aum durm den Bessemerprozeß übernahmen in den Amtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts die U. S. A. die Füh- rung der Eisen- und Stahlerzeugung, die ihnen bis heute nicht mehr streitig gemamt werden konnte. Damals stieg die Rohstahlerzeugung durch die beiden Erfindungen in Deutschland um das Dreifache, in den U. S. A. um das Amtundzwanzigfache. In den Amtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts wurde der Siemens-Martin-Ofen mit Erfolg nicht nur für den sogenannten Roheisenschrottprozeß, sondern auch für den Roh- eisenerzprozeß in Verwendung genommen. Flüssiges Roheisen wurde in den Martinofen mit Sd1rott oder Erz in wechselnden Verhältnissen ein- gesetzt und verarbeitet. In Donawitz kam der Roheisenerzprozeß, der dort heute nom betrieben wird, 1887 zur Einführung. Die große Bedeu- tung des Siemens-Martin-Prozesses war - abgesehen davon, daß es nach seiner Erfindung möglim war, Schrott umzuschmelzen - aum darin gelegen, daß in diesem Schmelzofen jene Roheisensorten verarbeitet werden konnten, die sowohl für den Bessemer- als auch für den später entwickelten Thomasprozeß ungeeignet waren. Wie schon erwähnt, war das Bessemerverfahren nur beschränkt anwendbar, weil es phosphorfreie Erze voraussetzt, die in der Welt nicht so häufig vorhanden sind wie phosphorhältige. Da man bis zu diesem Zeitpunkt mit den phosphorhältigen Erzen, wenn der Phosphorgehalt sehr hoch war, nicht recht fertig wurde, ging die Forschung der Metall- urgie in dieser Rimtung. Aum hier war es ein Engländer, der 28jährige G. Thomas, der 1878 den Konverter nicht sauer, sondern basisch auskleidete und ein Roheisen mit hohem Phosphorgehalt verblies. Wäh- rend bei Bessemer die Grundlage in der Oxydation von Silizium und Kohlenstoff gegeben war, war sie beim Thomas pro z e ß (Bild 14) auf Phosphor und Kohlenstoff gestellt, wobei als Nebenprodukt die für Düngungszwecke so notwendige Thomasschlacke anfiel. Thomas, der Jurist war und nur nebenberuflich an dieser Frage arbeitete, gab der Eisenhüttenindustrie eine große Verbreiterung ihrer Grundlage, denn smlagartig stellte er dadurch Frankreich, Luxemburg, Belgien und auch Deutschland auf eine neue Basis. Durch Thomas konnten die großen Erzlagerstätten des Minettegebietes in Frankreich, Luxemburg und in Lothringen ihrer Verwendung zugeführt werden. England selbst hat aum aus diesem Prozeß nicht allzu große Vorteile gezogen; erst in letz- ter Zeit, nämlim 1932, wurde dort von Herman Brassert ein großes Thom aswerk in Corby gebaut. Rußland errichtete vor dem letzten Welt- kri.eg ein Thomaswerk in Kertsm und das alte Österreich ein solches sdlon kurz nam der Erfindung des Thomasprozesses in Kladno in Böhmen. 11

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2