Österreichs Eisen in Vergangenheit und Zukunft

England für weitere 100 Jahre die Führung in der Welteisenerzeugung behielt. Um 1830 (Bild 12) finden wir die ersten Pudddöfen in Deutsch- land, Rußland, Belgien, Frankreich und Österreich. Wenn auch das Puddelverfahren metallurgisch und wirtschaftlich ein großer Erfolg war, so wurden seine Schwächen nicht verkannt. Das Roheisen mußte nochmals geschmolzen werden, und die Frischarbeit - das Puddeln - zählte wohl zu den anstrengendsten aller hüttenmänni- schen Arbeiten. Außerdem war das Produkt qualitativ doch nimt in jeder Hinsicht entsprechend. Wieder war es ein Engländer, Henry Bes s e m er, der erstmals 1855 das vom Hochofen kommende Roh- eisen in flüssigem Zustand durch Einblasen von Luft, also ohne Zwi- schenschmelzung teilweise oxydierte, nach hüttenmännischem Sprach- gebrauch „frischte" und damit den ersten W i n d f r i s c h p r o z e ß erfand. Durch den Sauerstoff der eingeblasenen Luft wurde nämlich der Kohlenstoff und das Silizium des Roheisens oxydiert und dadurch zu- sätzlich soviel neue Wärme erzeugt, daß ein dünnflüssiges, gereinigtes Material als Eisen oder Stahl resultierte, das sodann auf Blöcke oder Brammen für die Weiterverarbeitung vergossen werden konnte. Damit war es zum erstenmal gelungen, vom flüssigen Roheisen in einer Hitze bis zum Block zu arbeiten. Die bei diesem Verfahren, dem sogenannten Bessemerprozeß, anfallende Schlacke ist zufolge des zu Kieselsäure oxy- dierten Siliziums sauer, weshalb die Ausfütterung des Bessemerkonver- ters (Bild 13) - so wurde das Gefäß benannt, in dem der Prozeß durch- geführt wird - auch sauer sein mußte. Wenn auch die Erfindung Bes- ~emers zu den genialsten der Eisenindustrie zählt, so hatte sie für Eng- land nicht die Bedeutung auf lange Sicht, weil England nicht die für den Bessemerprozeß erforderlichen reinen, d. h. phosphorfreien Erze, besaß. Die eigentlichen Nutznießer für längere Zeit waren die U. S. A., wo große Lagerstätten geeigneter Erze vorhanden waren. Vorübergehend haben aber viele Länder, darunter Deutschland und Österreich - wo zum erstenmal in Turrach gebessemert wurde -, ebenfalls aus 4icser Erfindung Gewinn gezogen. In Auswirkung der Erfindung der Dampfmaschine und in der Folge der Dampflokomotive begann in der ersten Hälfte des vorigen Jahr- hunderts der A u s b au d e r Ei s e n b a h n e n , durch den ein rapides Ansteigen des Eisenbedarfes eintrat. Dazu kam noch die allgemein zu- nehmende Industrialisierung, die außerdem einen großen Alteisenanfall - den sogenannten Schrott - brachte. Das Bemühen der Eisenhütten- leute ging dahin, einen Schmelzofen zu bauen, der so hohe Temperaturen ermöglichte, daß auch das Alteisen einer Wiederverwendung, bzw. der Umschmelzung zugeführt werden konnte, was bis dahin nicht mög- lich war. Der gemeinsamen Arbeit der Deutschen W i 1h e 1m und F r i e d - 1' i c h S i e m e n s und der Franzosen E m i 1e und P i e r r e M a r t i n ist es im Jahre 1864 gelungen, einen Regenerativ o f e n zu bauen, bei dem durch Ausnützung der Abwärme das zugeführte Gas und die l..uft soweit vorgewärmt wurden, daß im Ofen und im Metallbad Tem- 10

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