TIROL bearbeitet von E. Frodl-Kraft AUFENSTEIN am Brenner {BH Innsbruck), St. Kathrein, ehemalige Burgkapelle (Abb. 230) Doppelkapelle, geweiht 1331. Sowohl das Unter- als auch das Obergeschoß (Abb. 229) besitzen eine malerische Gesamtausstattung (jene des Unter geschosses ist bereits seit 1909 bekannt), die jedoch keinem geschlossenen ikonographischen Programm folgt. Sie ist höchstwahrscheinlich in einem Zuge, aber von zwei ver schiedenen Malern geschaffen. Der altertümlichere, wenn gleich sehr qualitätsvolle Meister des Untergeschosses ist im Obergeschoß nur in der isolierten Darstellung der Südwand (Das Gastmahl im Hause des Pharisäers, 22) (Abb. 125) ver treten, während dort die übrige Ausstattung von der stilistisch jüngeren Hand stammt. Eine Beurteilung der tatsächlichen Ausmaße der Stilunterschiede zwischen beiden Händen ist durch den Erhaltungszustand erschwert: Von den Wand malereien der ,,älteren" Hand ist fast nur die Konturen zeichnung erhalten, alle Lasuren fehlen. Dadurch tritt der graphische Charakter über das ursprüngliche Maß hervor. Einzelne Gemälde der ,,jüngeren" Hand (vor allem die Marienszenen) (20, 21) haben dagegen auch ihre Lasuren und damit ihre ursprüngliche kräftige Modellierung bewahrt. Auch die Farbgebung scheint eine unterschiedliche gewesen zu sein; jedenfalls tritt im ,»Gastmahl" (22) neben Ocker ein helles Rot auf, dessen Stelle in der übrigen Ausstattung des Obergeschosses ein dunkleres Rot einnimmt, das mehrfach mit Grün zu einem Gegenfarbenklang verbunden ist; auch Caput-mortuum-Töne spielen hier eine Rolle. Die Vorzeichnung wechselt sowohl innerhalb des Unter- wie des Obergeschosses, ja sogar innerhalb einer einzigen Dar stellung, zwischen Rot und Ocker. Für die Datierung sind, mangels eindeutiger urkundlicher Daten, die jüngsten Stilelemente maßgebend, nämlich die perspektivisch dargestellten Architektm'-Umrahmungen bzw. Gehäuse, die sowohl im Unter- als auch im Obergeschoß analog auftreten (vgl. vor allem die Fensterbekrönungen), im ,,altertümlicheren" Untergeschoß aber sogar die größere Rolle spielen (vgl. die ungeklärten Darstellungen in Feld 26 und 24). Sie verbieten einen Ansatz der ganzen Ausstattung vor den vierziger Jahren des 14. Jhs. Den bereits bekannten Wandmalereien des Untergeschosses - und damit dem ,,altertümlicheren" Meister - hat schon Weingartner den richtigen Platz zugewiesen: er ist zweifellos mit dem Maler der gotischen Fresken in der Johanneskirche in Brixen identisch^. Ihm bzw. seinem engsten Kreis muß auch die Freskenausstattung der Pfarrkirche in Fügen zu geschrieben werden, mit der Aufenstein die Vorliebe für reiche und perspektivisch dargestellte Ai'chitekturen gemein hat^. Im Rahmen dieser bedeutenden Werkstatt — als deren Sitz wohl Brixen anzunehmen ist — wird höchstwahrscheinlich ^ J. Weingartner, Die frühgotische Malerei Dcutschtirols, in: Jb. d. Kunsthist. Instituts der k. k. Zentralkommission f. Denkmalpfl., Bd. X, 1916, S. 15-20 (Die Fresken von St. Kathrein), Taf. I, II. Weingartner datiert hier die Fresken von Aufenstein (gleich wie die der Johanneskirche in Brixen) in die frühen dreißiger Jahre des 14. Jhs. In seiner letzten Publikation dagegen (Gotische Wandmalerei in Südtirol, Wien 1948, 8. 12) weist er die Brixener Wandmalereien bereits der Mitte des 14. Jhs. zu. ^ O. Trapp (Die Kunstdenkmäler Tirols in Not und Gefahr, Innsbruck-Wien 1947, 8. 115-120, T. 22, 23) hat den Zu sammenhang zwischen den Wandmalereien in Fügen, die er in die dreißiger Jahre des 14. Jhs. datiert, und Aufenstein festgestellt. 23 1 23a ^ I / // i /' I Aufenstein, ehem. Burgkapelle; Obergeschoß, Wandabwicklung (nach O. Trapp, Weingartner-Festschrift, 8.168, 169)
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