Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

139. Festung Hohensalzburg; die Kuenburgbastei mit dem zweiten Sperrbogen, von der Bürgermeisterbastei aus gesehen, im Hintergrund der Hohe Stock; Beginn der Einrüstung zur Einführung der Zugstangen und Injektionen (BDA, Archiv) der Basteihohlraum mit einer Betondecke nach oben abge schlossen (Abb. 141) und der wieder geschaffenen Garten fläche ihr gewohntes Bild gegeben. Bei der Sanierung des zentralen Bauwerkes der Festung, des „Hohen Stockes" (Abb. 142)®, wurden folgende Maß nahmen durchgeführt: Sicherung des stark verwitterten Mauer fußes und des darunter liegenden Felsens durch Vorsetzen einer Betonplombe, nachdem vorher alle losen Teile entfernt und schadhafte Mauerwerksteile ausgewechselt worden waren. Bei der Betonplombe wäre es zufolge des unterschied lichen Elastizitätsmoduls und der verschiedenen Wärme dehnung zu Ablösungen und damit zur Unwirksamkeit der Betonplombe gekommen, wenn nicht durch das Versetzen von etwa einem Stück Fugeneisen je Quadratmeter und durch Verprossen des anstehenden Felsens und der Fuge zwischen Betonplombe und Felsen eine kompakte Fundamentmasse geschaffen worden wäre. ® Hier stand um das Jahr 1077 das erste hölzerne Bollwerk Salzburgs. Nach und nach wurde aus dieser Keimzelle die heutige Festung, insbesondere durch die Bautätigkeit der Bischöfe Johann III. von Gran und Leonhard von Keutschach. Nach einem romanischen Beginn und einem fast modern zu nennenden Wohnturm setzte schließlich um 1500 der große Umbau ein, der mit dem heutigen Dachstuhl im Jahre 1643 seinen ersten Abschluß fand. Messungen und Rißbilder zeigten weiters, daß sich der Erker des Hohen Stockes so weit vom übrigen Baukörper gelöst hatte und teilweise schon abgerissen war, daß für ihn Absturz gefahr bestand. Die Gewölbe des Erkers, die größtenteils auf hölzernen Tramvorköpfen aufstanden, waren infolge Ver morschung der Vorköpfe ohne Halt. Auch die wenigen Konglo meratsteinkonsolen waren schon durchgerissen. Die Sanierung hatte daher einerseits die Auflager und andererseits die Ge wölbe selbst zu erfassen. Für den Erker wurde eine Ent lastungskonstruktion geschaffen, welche die Erkerlast durch eine Stahlbetonplatte abfing (Abb. 143, 144); mittels eines druckverteilenden Balkens und Schließen wurden diese mit dem umgebenden Mauerwerk verbunden (Abb. 145). Danach konnten die kleinen Gewölbe des Erkers, mit einem Baustahl gitter von unten bewehrt, mittels Torkretbeton zu Ausweich gewölben ausgebildet werden (Abb. 146). Die Arbeiten an der Entlastungskonstruktion wurden insbesondere durch die vier großen Marmorsäulen im Gerichtssaal sehr erschwert, da diese - ohne daß sie verändert oder entfernt werden konnten — ebenfalls unterfangen werden mußten. Wegen ihrer Größe und ihres Gewichts sowie wegen des Mangels an Unterstützimgsmöglichkeiten waren hier kostspielige Hilfskon struktionen erforderlich. Entlastungskonstruktionen mußton auch im zweiten Obergeschoß errichtet werden. Erst nach Beendigung all dieser Vorarbeiten konnte die gesamte Außen wand des Hohen Stockes mit Schließen gegen die Mittelmauer hin verhängt und damit gesichert werden. Schwerwiegende Mängel wies auch der 1643 errichtete Dach stuhl des Hohen Stockes auf. An ihm war die Decke des Gerichtssaales samt der darüber!legenden Fußbodenkonstruk tion aufgehängt, obwohl seine Tragkraft nur der Dachlast und dem Eigengewicht gewachsen war. Hier wurde durch das Einziehen eines Sprengwerkes neben dem alten Dachstuhl, an das die Decke aufgehängt werden konnte, eine Entlastung geschaffen. Die Sanierung des Hohen Stockes wird in diesen Tagen ab geschlossen werden können; es bedarf nur noch des Einbaues weiterer Schließen, die den Druck des Erkers bis auf die süd liche Außenmauer bringen. Da hievon in besonderem Maße die großen Räume des Museums betroffen sind, müssen sämtliche Schließen in den Quermauern untergebracht werden, wozu eine eigene Kraftverteilungskonstruktion erforderlich war. Damit können jedoch gleichzeitig Ablösungserscheinungen im Südteil des Hohen Stockes saniert werden, was andernfalls eigener Konstruktionen bedurft hätte. Ein besonderes Problem, das auch bei künftigen Altstadt sanierungen immer wieder auftreten wird, bot auf der Festimg Hohensalzburg der Schüttkasten. In die.sera 1484 von Erzbischof Johann III. errichteten Bau wm'den in der Zeit um 1500 und 1750 die ursprünglichen Dippelbaumdecken durch Gewölbe ersetzt. Dabei hatte man es wahrscheinlich im Vertrauen auf die starken Mauern nicht für notwendig erachtet, Zugbänder einzubauen. Dies hatte aber die kata strophale Folge, daß die südseitige, am Steilhang stehende Außenmauer langsam auswich und auch der Felskopf darunter in Bewegung geriet. Darüber hinaus waren Gewölbe-stützen ohne jegliche statische Überlegungen eingesetzt worden; so kamen z. B. eine Stütze des Obergeschosses auf dem Stich des Erdgeschoßgewölbes und die Stützen des ersten Stockes auf einem weitgespannten Gurt des sogenannten Fideliokellers zu stehen.

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