Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

zumal sich Interpretationsschwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Salzburger Altstadterhaltungsgesetz und ähnlichen, in Vorbereitung befindlichen Gesetzen ergeben. Die Erneuerung des Denkmalschutzgesetzes und sein Eingehen auf Fragen, die 1923 noch nicht aktuell waren, erscheint daher nötiger denn je. Immer aktuell freilich bleiben die Ausführungen, die den Gesetzesantrag 1923 einleiteten'^. Unter anderem heißt es darin: „Denn, mag unsere heutige Weltanschauung eine noch so realistische sein, die eine Wahrheit bleibt bestehen, daß das, was einer Nation, einem Staate seine Zukunft, seinen historischen Namen sichert, nicht Steuer politische und wirtschaftliche Erfolge, sondern lediglich seine künstlerischen und kulturellen Leistungen .sind." W. Frodl 4. Antrag Nr. 1513 des Abg. Dr. Angerer, 1. Oesetzgebungsperiode des Nationalrates. INTERNATIONALE CARTA ÜBER DIE ERHALTUNG UND RESTAURIERUNG VON KUNSTDENKMÄLERN UND DENKMALGEBIETEN, VENEDIG 1964* Die Denkmäler, die eine geistige Botschaft der Vergangenheit übermitteln, stellen für die Gegenwart lebende Zeugen der jahrhundertealten Traditionen der Völker dar. Die Menschheit, die täglich die Einheit menschlicher Werte erkennt, sieht in ihnen ein gemeinsames Erbe und fühlt sich kommenden Generationen gegenüber gemeinsam für ihre Erhaltung verantwortlich. Sie hat die Verpflichtung, die Denkmäler in der reichen Fülle ihrer Authentizität an diese Generationen weiterzugeben. Es ist also demnach wesentlich, daß die Grundsätze, welche die Erhaltung und B-estaurierung der Denkmäler determinieren, gemeinsam erarbeitet und auf internationaler Ebene formuliert werden, wobei es jeder Nation überlassen bleibt, die Anwen dung dieser Prinzipien im Rahmen ihrer eigenen Kultur und in Hinblick auf ihre eigenen Traditionen zu gewährleisten. Die Carta von Athen aus dem Jahre 1931, die derartigen Grundsätzen einen ersten Ausdruck verlieh, hat an einer um fassenden internationalen Entwicklung mitgewirkt, die ihren Niederschlag insbesondere in nationalen Dokumenten, in der Aktivität der ICOM und der UNESCO und in der Gründung des Internationalen Studienzentrums für die Erhaltung und Restaurierung der Kulturgüter durch letztere gefunden hat. Kunstsinn und kritische Untersuchungen haben sich immer komplexeren sowie differenzierteren Problemen zugewandt, so daß es an der Zeit scheint, die Grundsätze der Carta daraufhin neu zu untersuchen, um sie durch die Schaffung eines neuen Dokumentes zu vertiefen und in ihrer Anwendbarkeit zu erDer II. Internationale Kongreß der Architekten und Techniker der Denkmalpflege, welcher vom 25. bis zum 31. Mai 1964 in Venedig tagte, hat infolgedessen folgendem Wortlaut zugeDefinitionen Art. 1. Der Denkmalbegriff umfaßt sowohl die vereinzelte baukünstlerische Schöpfung (Einzeldenkmal) als auch das städti sche oder ländliche Denkmalgebiet, das von einer ihm eigen tümlichen Zivilisation Zeugnis ablogt, eine bezeichnende Ent wicklung erkennen läßt oder mit einem historischen Ereignis in Zusammenhang steht. Er bezieht sich nicht nur auf große künstlerische Schöpfungen, sondern auch auf bescheidene Werke, die im Laufe der Zeit eine kulturelle Bedeutung be kommen haben. Art. 2. Die Erhaltung und Restaurierung von Denkmälern bildet den Gegenstand eines Faches, welches sich aller natur wissenschaftlichen und technischen Mittel und Methoden be dient, die einen Beitrag zur Erforschung und Erhaltung der überkommenen Denkmäler leisten können. Art. 3. Erhaltung und Restaurierung zielen genauso auf die Bewahi'ung des Kunstwertes wie auf die des geschichtlichen Zeugnisses hin. Erhärtung * Es scheint der Redaktion angezeigt, den Wortlaut der ,,Carta" nun auch in deutscher Übersetzung zu publizieren. Damit ist ihr Inhalt, der den Charakter einer General-Instruk tion besitzt, einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht. Der Text der Carta ist von einem internationalen Ausschuß, in dem auch Österreich vertreten war, 1963/64 neu gefaßt, redigiert und dem oben genannten Gremium vorgelegt worden. Art. 4. Die Erhaltung von Denkmälern bedingt zunächst eine andauernde Pflege. Art. 5. Die Erhaltung von Denkmälern wird immer durch Widmung zugunsten einer der Gesellschaft nützlichen Funk tion begünstigt. Eine derartige Widmung ist daher wünschens-

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