der Haupt- und Residenzstadt in nächster Beziehung stehen" auf der damals noch üher den Wienfluß führenden „Elisabethbrücke" (heutiger Aufstellungsort Rathausplatz)®. In diesen Jahren bemühte sich schließlich ein Komitee, Josef Haydn ,,von seinen Mitbürgern" ein Denkmal errichten zu lassen, dessen erste Pläne bereits weit zurücklagen und das man lieber an der Ringstraße als an seinem späteren Aufstellungsort in Mariahilf gesehen hätte (Abb. 133)®. Bei diesen Projekten herrscht ein anderes Klima. Nicht die Dynastie baut, sondern die Bürgerschaft. Sie setzt nicht Pürsten oder Feldherren ein Denkmal, sondern dem ,,Mitbürger", der als Entdecker, Erfinder, Wissenschaftler oder Künstler der menschlichen Gesellschaft bleibende Werte geschenkt hat. Selbstbewußt betrachtet diese Yon Bevormundung durch die Obrigkeit freie ,,liberale" Schicht der Gesellschaft ihre Leistungen als Fundament einer neuen Zeit der Wissenschaft und Technik (Ressel), des liberalen Wirtschaftens (Smith) und der Bewahrung jener Kultur, die einfache ,,Mitbürger" geschaffen haben (Haydn). Weit über hundert Monumente wurden aus dieser Stimmung heraus errichtet, und ganze ,,Denkmalhaine" entstanden als Dekoration monumentaler Bauten im Ringstraßenbereich. Erbittert beschimpft der ,,advocatus diaboli" jener Tage, Ferdinand Kürnberger, in einem Feuilleton der ,,Presse" die übereifrigen Mitglieder der zahllosen Denkmalkomitees als ,,Denkmalfexe"'. Denkt man an jenes Schlagwort, durch das man das Wesen der Zeit zu kennzeichnen liebte - ,,Besitz und Bildung" -, so finden sich in den ersten Verbauungsabschnitten der Ringstraße dafür die plastischen Illustrationen in Gestalt der ersten Denkmäler: Am Karlsplatz wurde zwar in den Monumenten der Techniker und Bahnbrecher des Handelswesens nicht gerade der Besitz selbst, wohl aber seine Quelle demonstriert - die industrielle Wirtschaft (Abb. 135). Mehr auszusagen hätte als nicht fein gegolten. Dieses Zeitalter hat die Industrialisierung Österreichs geschaffen und damit seinen Anschluß an die westliche Zivilisation bewirkt. Aber den großen Unternehmern und Finanzkönigen wurden fast keine Monumente gesetzt. Wie sie selbst ihre Fabriken als Ritterburgen tarnten - und daheim, wie Friedeil zynisch bemerkt, das Buttermesser als türkischen Dolch, den Aschenbecher als preußischen Helm, den Schirmständer als Ritterrüstung, das Thermometer als Pistole -, so vermied man, dem Kanon bürgerlicher Moralität entsprechend, auch in den Denkmälern jede Anspielung auf das Zweckhafte, Praktische, Wirtschaftliche. Hier sprechen jene Denkmäler, die fehlen, mehr als diejenigen, die stehen. Heute nachträglich ergänzen zu wollen, wäre eine Verfälschung der historischen Konzeption. Verschwieg man den ,,Besitz", so dokumentierte man umso mehr die ,,Bildung". Die Überzahl der Monumente für Musiker, Dichter, Maler und Bildhauer ist ein beredtes Zeugnis dafür. Beachtet man im Gegensatz zu den nicht errichteten Denkmälern die tatsächlich geschaffenen, so ist bei vielen von ihnen ein gewisser Unterton, der etwa bei der Errichtung des Schiller-Monuments zum Ausdruck kommt, nicht zu überhören. Nun, ,,mit dem Fallen der Bande, welche die politische Bewegung in Österreich gehemmt haben", heißt es nach dem Scheitern des kaiserlichen Neuabsolutismus infolge der Niederlage von Königgraetz, müsse auch dem ,,Apostel der Freiheit" ein Denkmal gesetzt werden: Ankündigung bürgerlichen Herrschaftsanspruchs für die kommenden Dezennien®. Man war also besitzend, man war gebildet, man war aber vor allem ,,konstitutionell" gesinnt. Natürlich stand nach wie vor der Monarch an der Spitze des Reiches; aber man hatte dem monarchischen Willen das Zaumzeug einer bürgerlichen ,,Verfassung" des Staates angelegt und stellte die Verhältnisse auch so dar: die Kaiserstatue im Parlamentsgiebel wird tituliert ,,Franz Joseph gibt die Verfassung". Man versäumte nicht, die Errungenschaft dieser ,,Konstitution" bei jeder Gelegenheit zu betonen. Wer hätte sich im Rahmen der ,,Bildungsdenkmäler" besser dafür geeignet als Beethoven, der in seinem Auftreten mehr als einmal die höfisch-aristokratische Gesellschaft seiner Zeit brüskiert hatte und der ein begeisterter Anhänger Napoleons war, solange der Korse sich nicht selbst zum Kaiser zu machen suchte. Indem er ,,die volle Gleichberechtigung gegenüber dem höchsten Geburtsadel" in Anspruch genommen habe, sei er ,,epochemachend für die soziale Stellung des Musikers" geworden, formulierte ^ Allgemeines Verwaltungsarchiv, ,,Stadterweiterungsfonds, Allgemeine Akten", Signatur 13, Faszikel 200, Mappe 1862, Prot.- Nr. 19697 (Ressel), und Mappe 1863, Prot.-Nr. 5811 (Elisabethbrücke). ® Archiv der Stadt Wien, Kleine Bestände, Schachtel 33—5, Mappe 12. ' Genauere Ausführungen wird ein Buch vom gleichen Verfasser bringen, das 1969 unter dem Titel ,,Denkmäler der Wiener Ringstraße" im Verlag für Jugend und Volk erscheinen wird. ® Archiv der Stadt Wien, Kleine Bestände, Schachtel 33-1, Mappe 2.
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