baut. Adolf Loos mußte also bei seinem Plan eines architektonischen Denkmals dort auf das Palais Rücksicht nehmen und mit dessen Säulenordnungen rechnen. Er hat aus der Not eine Tugend gemacht, indem er diese Front zur Hintergrundkulisse und zugleich zum Grundmotiv der ganzen Anlage werden ließ (Abb. 129). Er wollte offene Säulenhallen und Kolonnaden stufenweise niederführen, bis zur Ringstraße vor. In der Mitte der Flügel von Säulenhallen hätte hinten die Denkmalfigur auf einem Stufenjjodest ihren Platz gehabt; die nötige Festigkeit, ihren sichtbaren Halt würde die ganze Anlage jedoch in zwei symmetrisch eingefügten, streng kubischen Hochhäusern gefunden haben. Solcherart werden Klassizismus und extreme Moderne aufeinander gestimmt und in ein und derselben Bauanlage miteinander verbunden, wobei die tonangebende klassizistische Stimmung vorgegeben war. Trotzdem; dieses Projekt ist kühn bis zur Absurdität, dabei durchaus sinnvoll und überzeugend konzipiert. Die Turmprismen hat der Architekt selbstverständlich nicht unbekümmert gegenüber der Umgebung hoch geführt, sondern - wie eine Bleistiftskizze beweist - unterordnend auf die Höhe des Stephansturms bezogen, der jenseits der Ringstraße vom Stadtpark her besonders schön über den Häusern zu sehen ist. Was aber die von einer Mitte ausgehende Flügelteilung in niedrigere Bauten, deren Verfestigung an den Außenecken ebenso wie das Emporragen hoher seitlicher Baukomplexe dahinter betrifft, so ist Adolf Loos wohl abermals von einem an der Ringstraße bereits stehenden Bauwerk angeregt worden; von dem nach dem Entwurf Theophil Hansens 1873—1883 errichteten Parlament (vgl. die Übereck ansicht Abb. 118). Wie wahrscheinlich eine solche Anregung einem beim ersten Blick auf die beiden Werke vorkommt, so schwer könnte man sie als gewiß beweisen. Dies hängt aber nicht zuletzt mit der besonderen, der schöpferischen Kraft des Architekten Loos zusammen, der nie Äußerlichkeiten übernommen, sondern auch aus Anregungen völlig Neues gestaltet hat. Deshalb wird sein Bonmot ,,Der Architekt ist ein Maurer, der Latein gelernt hat" seltsam hintergründig. Man muß den Begriff Traditionalismus sehr weit spannen und ihn vor allem der ihm anhaftenden Vorstellung von leerem Weitertun entkleiden, wenn man jene Neigung zu den Werken der klassischen Baukunst, die im Schaffen von Adolf Loos als ein charakteristischer Zug vorhanden ist, damit fassen will. Gerhardt Kapner MONUMENT UND ALTSTADTBEREICH Zur historischen Typologie der Wiener Ringstraßendenkmale Die Denkmäler der Wiener Ringstraße haben bisher in der Kunstgeschichtsschreibung wenig und in der Geschichtsschreibung gar keine Beachtung gefunden. In der Kunstgeschichte ist man daran, diese Lücke zu füllen (Arbeiten von M. Poch-Kalous, der Arbeitsgruppe zum Projekt ,,Wiener Ringstraße" der Thyssen-Stiftung usw.); in der Geschichte besteht sie weiter. Zum Teil mag das auch daher kommen, daß man diese Monumente immer noch bloß als Denkmäler derjenigen betrachtet, denen sie gewidmet sind, und noch nicht jener, die sie geschaffen haben. Dennoch dürfen sie gerade als Dokumente des liberalen Zeitalters einen beachtlichen Rang beanspruchen. Seine Berücksichtigung auch in der Praxis, und nicht nur in der Wissenschaft, scheint umso mehr geboten, als sich die Gegenwart anschickt, an diesem Bestand nach und nach Änderungen vorzunehmen: Fragen der Verkehrsregelung (TiefgaragenProjekte mit folgender Denkmal Versetzung usw.) sind hier ebenso zu nennen wie private Vorschläge, etwa jener zur Verlegung des Beethoven-Denkmals anläßlich Beethovens 200. Geburtstag auf den Platz vor der Votivkirche, und viele andere. Veränderungen würden aber in diesem Fall vor allem eine Ver wischung der historisch gewordenen Typen dieser Monumente mit sich bringen und damit eine Zerstörung des dokumentarischen Charakters. Darum ist dessen Darstellung sowohl für die Theorie wie für die Praxis heute ratsam.
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