Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

114. Attikastatucn vom Parlament, Wien I, Dr. Karl Renner-Ring (BDA, V. Knuff) ist. Bei den Museen ebenso wie bei der Hofburg steigert sich dieses Phänomen: Neben den Figuren auf der Dachbalustrade erlangen nun auch die in das Wandrelief einbezogenen größere Bedeutung. Noch weiter geht man diesbezüglich dann bei den großen Bauten von Rathaus, Parlament (Abb. 114), Uni versität (Abb. 115) und Burgtheater (Abb. 116, 117), welche auf dem 1870 zur Bebauung freigegebenen Paradeplatz entstehen. Bei den riesigen Komplexen für Verwaltung oder Schule, die den einer einzigen Aufgabe gewidmeten Baublock größenmäßig an die Grenzen der Möglichkeit führten, hat man der Sockelzone eine ganz besonders wichtige Funktion zugewiesen. Am deutlichsten ist dies beim Parlament, dessen griechische Tempelfront ja nur durch die Anwendung eines hohen Unterbaues künstlerisch auswertbar wurde; aber auch bei der Universität erzielt die zu den hochgelegenen Repräsentationsräumen geführte Auf fahrtsrampe im Verein mit einer kräftig akzentuierten Sockelzone einen verwandten Effekt. Beim Rathaus bildet ein Stufenunterbau, der die Arkadenreihe des Erdgeschosses trägt, die Basis, und mit dem gleichen Mittel erhielten auch die seitlich des Rathauses sich hinziehenden Arkadenhäuser ihre für die gesamte Platzwirkung notwendige Steigerung. Für den Rathausplatz stand lange eine architektonische Gestaltung zur Diskussion, die man schließlich zugunsten einer Grünanlage aufgegeben hat. Während diese — ähnlich dem Stadtpark — zum Zu fluchtsort zahlreicher Denkmäler wurde, für die eine Einbindung in ein städtebauliches Konzept nicht gegeben war, kam es nicht zur Ausführung eines großen, zentral gesetzten Monumentes, obwohl es dafür, etwa von Olbrich, 1895^^, Vorschläge gab. Schließlich hat man die Statuen, welche ehemals die Elisabeth brücke vor der Opernkreuzung schmückten, nach vollendeter Wieneinwölbung als Spalier der breiten Straße aufgestellt, die das Burgtheater mit dem Rathaus verbindet. Es ist dies das Spannungsfeld jener beiden Bauten, die allein dem großen Platz ihre Front zukehren und von dort aus auch in der gesamten Entwicklung ihrer Fassaden erfaßt werden können. Parlament und Universität dagegen wenden dem Rathausplatz nur eine Seitenfront zu und nicht, wie zunächst geplant war, ihre Hauptfront. Diese blickt auf den Ring, auf den sich demnach alle vier Großbauten, die den Platz umstellen, orientieren. Die Größenordnung dieser Architekturen schließt es aus, alle Bauten von einem terrestrischen Stand punkt aus in den Blick zu bekommen. Es ist notwendig, den Ring abzuschreiten und damit in die Abfolge der Ansichten ein zeitliches und ein Bewegungsmoment zu bringen. Das gilt aber nicht nur für die gesamte Platzanlage, sondern jeweils auch für die beiden seitlich errichteten Komplexe, nämlich Parlament und Universität. Betrachtet man den Grundriß der Bebauung des Paradeplatzes, so erkennt man deutlich, daß er dem Rastersystem folgt, wie es schon seit 1859 zum Programm der Stadterwei terung gehörte. Nun erheben sich aber die Komplexe von Parlament (Abb. 118) und Universität am äußersten Rand des großen, rechteckigen Feldes; sie stehen damit zwar noch in der Flucht der gerade verlaufenden Ringstraße, doch setzt diese eben dort zum Kinicki an. Damit erscheinen die Bauten von " Kobert Judson Clark, Olbrich and Vienna, in: Kunst in Hessen und am Mittelrhein, Schriften der Hessischen Museen, 7, 1967, iS. 3.3.

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