nannt, obwohl er gewiß Hüttenmeister war^. Maurer werden bei St. Stephan oft erwähnt, spielen jedoch gegenüber dem Meister eine untergeordnete Rolle. Sie hatten den Grund zu legen (Fundierungsarbeiten) und hatten vor allem für das Füllmauerwerk zu sorgen, welches in den meisten struktiven Teilen vor handen ist. Die Aushubarbeiten für die Heizung der Stephanskirche haben am Nordturm genauen Aufschluß über die Art des Fundamentes gegeben^. Es handelt sich um ein wannenförmiges, ,,schwimmendes" Funda ment von geringer Tiefe, das an den Ecken, die den Strebepfeilern entsprechen, verstärkt ist (Abb. 7). Die Feststellung eines solchen Fundamentes beim nachträglich aufgeführten Nord türm berechtigt zur Annahme, daß hierbei die Erfahrungen am Südturm weitergewirkt haben und mithin dort eine ähnliche Fimdamentierimg vorliegt. Damit wäre die technische Frage geklärt, auf welche Weise man an den romanischen Bau einen so schweren Turm anbauen konnte, ohne unter die Fundamente der Süd wand des romanischen Querschiffes zu gehen. Es wären damit aber auch alle Angaben hinfällig, die von einem besonders tiefen Fundament des Südturmes sprechen. Für die Grundfesten wurden, wie wir wissen, Grundsteine, billiges Material, meist Wiener Sandstein aus Hetzendorf und Hietzing, verwendet®. Dies war schon aus wirtschaftlichen Gründen notwendig, weil die Transportmittel teuer waren. Neben den ,,Grundsteinen" kennen die Rechnungen auch den Ausdruck ,,Füllstein", Begriffe, die oftmals synonym verwendet wurden. Übrigens wird ja auch die Fundamentgrube mit Füllmauerwerk gefüllt. Struktive Teile, wie die Säulen des Chores, sind aus Ziegeln gemauert und vom Lapicida mit Quadern und Profilen umkleidet. Es handelt sich wahrscheinlich um gleichzeitige Arbeitsvorgänge, so daß gewissermaßen von einem Mauerwerk ,,a cassa" gesprochen werden kann. In welcher Art die schweren Konstruktionen der Türme mit Mauerwerk gefüllt sind, konnte sowohl am Südturm wie am Nordturm bei den Restaurierungsarbeiten eingesehen werden. Es ist nun festzustellen, daß mit dem Beginn des Abbruches der romanischen Kirche keine neuen ,,Füllsteme" mehr gebraucht wurden, sondern das Material der romanischen Kirche nach und nach verbaut wurde. Als die obersten Mauerteile des Nordturmes 1956 wegen der Erneuerung des Saphoyschen Aufbaues aufgebrochen wurden, konnte man das Füllmaterial sehr genau sehen. Es handelt sich um Steine und einzelne Ziegelbrocken, die durch einen sehr festen, zementartigen Mörtel gebunden sind. Die Wiederverwendung von Material war nicht nur sehr wirtschaftlich - nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges hat die Bauwirtschaft mit der Herstellung von Splittbetonstein einen ähnlichen Vorgang eingehalten -, sondern die Abfuhr so großer Schuttmassen wäre im Mittelalter wohl auch schwer möglich gewesen; auch das ständige Anwachsen des Niveaus weist ja auf die Schwierigkeit hin, Bauschutt nach Katastrophen wegzuräumen^. Es war aber auch eine ideelle Argumentation maßgebend: Das Material des konsekrierten Baues sollte keine profane Verwendung finden. Durch die Wiederbenützung im neuen Kirchenbau war es aber durch aus vertretbar, auch figurale Darstellungen mit sakralem Inhalt als Füllmauerwerk zu verarbeiten. Die Verwendung des Materials von alten Kirchen für Kirchenneubauten ist noch im 18. Jahrhundert nachweisbar. Als typisches Beispiel hiefür, ebenfalls durch die Kriegsereignisse bekannt geworden, kann die barocke Apsis der Kirche in Gerersdorf angesehen werden, welche, nach dem Umbau der St. Pöltener Stiftskirche, aus deren Abbruchmaterial ausgeführt worden ist (Abb. 10)®. Es fanden sich dort die frühgotischen Rippen aus der Stiftskirche und der Schlußstein mit der Darstellung des Hauptes Christi, welcher sich heute im Diözesanmuseum in St. Pölten befindet, eingemauert (Abb. 11). Die großartige plastische Wirkung des Hauptes wird nun durch die freigelegte Polychromierung gesteigert. ^ M. Aubert, Pierre de Montreuil, in: Festschrift K. M. Swoboda, Wien 1959, S. 21. ^ M. Zykan, Der Hochturm von St. Stephan, Dissertation, Wien 1967, S. 66. ® K. Uhlirz, Rechnungen des Kirchenmeisteramtes von St. Stephan, Wien 1902, S. 247 und 291. ■' K. Oettinger, Die Grabimgen von St. Stephan 1945-1948, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, LVII, Graz 1949, S. 345 luid passim. ^ Mitteilungsblatt des Kulturamtes der Stadt St. Pölten, 1953, Folge 15. - K. B. Frank, Bedeutsamer Fund romanischer Schluß steine aus der Domkirche in St. Pölten, in: Christliche Kunstblätter, 91. Jg., Linz 1953, S. 87ff.
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