Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

62, 63. Sonntagberg, Wallfahrtskirche; Architektunnalerei im Gewölbe des Westjoches des Langhauses; links: vor, rechts: nach der Restaurierung (G. Krämer, Wien) Für die Oberflächenbehandlung der einzelnen Teile waren ursprünglich drei Vergoldungstechniken angewandt worden: 1. Feuervergoldung: die vier Bronzereliefs in der Sockelzone und das Relief an der Mensa, Rahmen der in der Leuchterbank eingebauten Kanontafeln und Reliquiaren, Ornamente am Tabernakel und am Expositorium, Kapitale und Konsolen am Tabernakel, vStrahlenkranz um das Gnadenbild, Strahlenkranz um die Bekrönungshalbkugel. 2. Branntweinvergoldung: Diese Technik wurde an Holzteilen angewandt, und zwar an den vier überlebensgroßen Figuren der Säulenbasiszone, an der großen Wolkenspirale (in Silber), an Figuren und Schnitz werk am Holzaufsatz über dem Architrav. 3. Ölvergoldung: gesamte Bleiornamentik, die zwölf Bleikapitäle, die Basen, die Füllstäbe in den Kanneluren, die zwölf Namenkartuschen sowie die Rosetten in den Kassetten der Innenkuppel und an der Unterseite des Architravs. Schäden und konservierungstechnische Probleme: Zu 1. (Feuervergoldete Teile): Die Sockelreliefs, die Orna mente am Tabernakel und am Expositorium mußten von einem 1870 angebrachten massiven weißen Ölanstrich (Blei weiß) und einer daraufliegenden Ölvergoldung befreit werden. Außerdem hatte man bei der Restaurierimg von 1870 die Körper von Engelflguren an den Reliefs zusätzlich mit Draperien aus Ölkitt bekleidet! Zu 2. (Branntweinvergoldete Teile): Die Grundierung der Holzschnitzereien löste sich meist in der Schicht zwischen Bergkreidc und Bologneser Kreide infolge von Feuchtigkeit und der damit verbundenen Schimmelbildung. Diese Grun dierung war bei den beiden äußeren Figuren (Moses und Ezechiel) so defekt, daß sie zu 85 Prozent erneuert werden mußte. Die Vergoldung der beiden inneren Figuren konnte durch Festigkeitsinjektionen saniert werden. Sämtliche Holzverleimungen lösten sich und mußten feuchtigkeitsfest verleimt werden. Außerdem wurden alle Risse, Sprünge und Leimfugen mit Japanpapier oder Nylongeweben kaschiert, um ein Durchreißen der Grundierung zu verhindern. Allen verwendeten Substanzen (Schellack, Leim, Vergoldergrund) wurden Fungizide und Bakteriozide zugesetzt, um Schimmelbildiing und Abbau der Leimsubstanz in den Grundierungen auch hei atmosphärischer Feuchtigkeit zu verhindern. Die Originalfassungsteile wurden mit Brot gereinigt und mit dem Achat aufpoliert, die Fehlstellen in Branntweinvergoldung mit 23karätigem Dukatengold ausgebessert und dem Alt bestand angeglichen. Am Aufsatz des Altares war die Ver goldung besser erhalten, jedoch von einem farblosen Lack überzogen. Nach Entfernung dieser Lackschichte und Sanie rung lockerer Fassungsteile konnte die zu 90 Prozent erhaltene Originalvergoldung in der eingangs erwähnten Art restauriert werden. Die große Silberwolke wurde unter Verwendung der gefestigten Originalgrundierung mit Blattsilber überschössen und mit Cellonlack abgebunden, um ein Oxydieren des Silbers zu verhindern. Zu 3. (Ölvergoldete Teile): Die Bleiornamentik war infolge der zu weiten Befestigungsabstände durch das Eigengewicht vielfach zerbrochen und hing oft nur noch an einzelnen Halterungen. Teilweise waren die abgefallenen Teile ge sammelt und auf dem Dachboden deponiert, ein Großteil war aber schon im Ersten Weltkrieg anläßlich einer Alt materialsammlung abgegeben worden. Die vorhandenen Ornamentstücke wurden zu langen Stäben verlötet und damit die Fehlstellen gefüllt. Die Stäbe wurden nunmehr in wesentlich kürzeren Abständen mit Messingschrauben und Asbest-Glasfaser-Dübelmasse im Stein verankert und an den Anschlußstellen verlötet. Die übrigen Befestigungen wurden kontrolliert, alle Eisenschrauben durch Messingschrauben ersetzt. Die zahlreichen fehlenden Bleiornamente mußten nach gegossen werden. Dafür wurden 45 kg Blei verarbeitet. Das angewendete Verfahren des Abgießens soll hier kurz ge schildert werden: Zunächst wurden von jedem fehlenden Ornamenttypus Negativformen in Siliconkautschuk ange fertigt. Dieses Material bietet gegenüber der althergebrachten Methode, Negativformen aus Gips zu gießen, den Vorteil, daß leichte Unterschneidungen ohne Bruchgefahr für die Form toleriert werden können. Außerdem ist die Qualität der Abgüsse wesentlich besser; auch ist es möglich, bis zu 100 Rohgüsse aus einer Form zu erzeugen. Die abgegossenen Negativformen wurden eine Woche lang ausgehärtet (Rück stände von Härter könnten Gußblasen ergeben), versintert (auf ca. 300 Grad C erhitzt) und vor jedem Guß mit Kienruß ausgestaubt. Daun wurde das flüssige, nicht überhitzte Blei langsam eingegossen. Die Rohgußstücke mußten nach-

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