Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

60, 61. Sonntagberg, Wallfahrts kirche; Kopf der Caritas aus dem Deckenfresko des Langhauses ,,Kampf gegen Irrlehrer und Ver folger der Kirche"; links: mit dichtem Schimmelpilzbefall vor der Restaurierung, rechts: nach der Restaurierung (G. Krämer, Wien) Der Erzgießer Hefele ist in seiner kompilatorischen Synthese noch weiter gegangen, er spielte mit allen Arten von Materia lien, ihrer Anwendung und Verbindung. Nur aus dieser Gesinnung ist dieses Gesamtkunstwerk zu verstehen, das im Grunde nicht eigentlich baulich, nicht eigentlich plastischskulptural, nicht eigentlich ornamental, nicht eigentlich malerisch genannt werden kann und doch alles integrierend einbezieht. Es gibt Marmor in mehreren Arten, Holz in mehreren Arten, Gold und Silber in mehreren Aufbringungs techniken, Blei und Bronze in Guß- und Ziseliertechnik, Schmiedeeisen und Alabaster. Überflüssig zu erwähnen, daß es zur Restaurierung dieses komplexen Kunstwerks besonderer technologischer Erfahrung und bewährter Techniken bedurfte. Den Auftrag erhielt akad. Restaurator Michel Pfaffenbichler, der fünf Mitarbeiter beschäftigte. Hier sein Arbeitsbericht: Der Aufbau des Altares im Hinblick auf die verwendeten Werkstoffe: Sockel und. Mensa bestehen aus Salzburger Mar morarten (Adneter Rotscheck und Untersberger Forellenmar mor), ebenso die zwölf monolithen Säulen und der aus acht massiven Stücken kreisförmig zusammengefügte Architrav. In tliesen Architrav ist innen eine hölzerne kassettierte Innen kuppel eingebaut, die zu der ebenfalls hölzernen Aufsatz laterne überleitet. Die Bekrönung des Altares wird von einer feuerversilberten kupfernen Halbkugel gebildet, die ein feuer vergoldeter kupfergetriebener Strahlenkranz umgibt. Taber nakel, Leuchterbänke, Expositorium, die den Tabernakel flan kierenden sechsflügeligen Engelgestalten sowie die beiden über lebensgroßen adorierenden Engelfiguren, welche den Rahmen des Gnadenbildes tragen, sind aus Alabaster gefertigt. der das Schweben vortäuschen soll; er ist Bühnenmaschinen vei'gleichbar imd ebenso charakteristisch wie diese für das beginnende frühindustrielle Zeitalter. Von hier aus läßt sich begreifen, daß es damals auch nicht störte, wenn z. B. über einer lebensgroßen Verkündigungsgruppe aus Stein die PII.-Geist-Taube auf einer kräftigen, geschmiedeten Eisen stange hoch aufgesteckt war (Mauerbach, Englischer Gruß, 1744). Die übrige figurale Plastik ist aus Lindenholz geschnitzt und branntweinvergoldet. Es .sind dies die vier überlebensgroßen alttestamentarischen Gestalten in der Säulenbasiszone, die zwei auf den Basisvoluten des Aufsatzes sitzenden weiblichen Figuren (göttliche Weisheit und Gerechtigkeit) und die dazwischen angebrachten jubilierenden Putti. Aus Lindenholz ist auch der Siebenarmige Leuchter, auf den später noch gesondert eingegangen werden soll. Der Sockel, auf dem das Gnadenbild mit dem Rahmen auf sitzt, ist ein Stück jenes Zeichensteines, der den Ausgangs punkt der Wallfahrt auf den Sonntagberg bildet. Der Rahmen des Gnadenbildes ist eine aus zahlreichen Einzelteilen zusam mengesetzte Silberschmiedearbeit (Altwiener Beschau zeichen). Er wird von einem mächtigen, aus Kupfer ge schmiedeten und feuervergoldeten Strahlenkranz umgeben. Vom Gnadenbild rankt sich eine riesige, aus Lärchenholz geschnitzte und versilberte Wolke durch alle Geschosse des Altares bis in die oberste Bekrönungskuppel. Die Ornamente und die fünf Reliefs in der Sockelzone (vier am Sockel, eines an der Mensa) sind aus einer Bronzelegierung gegossen und feuervergoldet. Das übrige, hauptsächlich in Verbindung mit dem Stein auftretende Ornament besteht aus Blei und wurde ölvergoldet. Nur am hölzernen Aufsatz über dem Architrav findet sich holzgeschnitztes Ornament. Warum wurde Blei als Material zur Herstellung dieser Ornamentik gewählt? 1. Blei war gußtechnisch leicht zu bewältigen (niedere Schmelztemperatur); die Ornamentbänder wurden in ca. 60 cm langen Stücken gegossen und dann verlötet. 2. Die aus der Gußtechnik resultierende, immer gleiche Exaktheit der Form kam der am gesamten Altarbau spürbaren werkmännischen Gediegenheit der Ausführung trefflich entgegen. 3. Wegen der klimatischen Bedingungen auf dem Sonntagberg tritt, vor allem im Frühjahr bis spät in den Sommer hinein, infolge der Eigenkälte des Steines an den Marmorteilen eine starke Kondenswasserbildung auf; Blei blieb davon unbeschadet. 4. Die Anpassung der Ornamente an den profilierten Stein war in dem biegsamen Blei ohne Schwierigkeiten auszuführen.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2