57. Sonntagberg, Pfarrhof; Ölskizze zum Deckenfresko,,Kampf gegen Irrlehrer und Verfolger der Kirche" von Daniel Gran (BDA, V. Knuff) An den Freskobildeiii Daniel Grans konnten aus nächster Nähe interessante technologische Details studiert werden. Die Tagwerksgrenzen Grans sind in allen Fällen vorzüglich dicht aneinandergeschlossen (Abb. 64). Sie waren nur aus der Nähe im Gegenlicht zu erkennen oder mit den Fingerspitzen zu tasten. Eine längere Arbeitspause als von einem Tag zum nächsten ist daher nicht wahrscheinlich. Die große, figuren reiche 8piege]komposition im Langhaus - der hl. Michael, der im Namen des Dreieinigen und aller guten Geister (obere Hälfte) den Kampf gegen die Irrlehrer und Verfolger des Glaubens (untere Hälfte) siegreich führt" - wurde von Gran in etwa 40 Tagwerken gemalt. Beginnend mit der Gloriole der Hl.-Geist-Taube — also von ,,oben" nach ,.unten" malend! — hat Gran jeweils einzelne Figuren bzw. ein Figurenpaar, aber nie mehr pro Tag auf einmal geschaffen. Die oberen Konturen dieser Figuren sind zugleich die Tagwerksgrenzen. Diese " P. Anton Unterhofer, Sonntagberg, München-Zürich 1963, 8. 20. Arbeitsweise von oben nach unten, das heißt aus dem Hinter grund nach vorne, überrascht zunächst. Nur sie erlaubte es aber, diese Figuren kulissengleich voreinander zu setzen und so dem Bilde seine theatralische Tiefenwirkung zu verleihen. Selbstverständlich muß sich technologisch ein Tagwerk vor das andere schieben, Gran schob damit zugleich auch eine Figur vor die andere. Welch geniale künstlerische Auswertung des inhaltlichen Bedeutungssinns bzw. der malerischen Komposition durch einen geradezu kongruenten Malvorgang! Zugleich läßt sich auch ein Farbwandel der Palette von oben nach unten erkennen: von den lichten Hintergrundfarben der göttlichen Gloriole zu den schweren, drückenden Vordergrundfarben an den gestürzten Irrlehrern. An die leicht gravierte Vorzeichnung der durchgedrückten Kartons hat sich Daniel Gran mit geradezu peinlicher Sorgfalt gehalten. Für ihn war das Fresko die direkte Übertragung und Ausführung des Kartons, seine intuitive Pinselführung galt nicht dem Umriß, sondern eher der Binnenzeichnung. Vergleichsweise hat Paul Troger (dies ergaben Beobachtungen anläßlich der Restaurierung in der Stiftsbibliothek von Altenburg im Jahr 1963) den Karton bedeutend weniger beachtet und seine Ausführung bis zu 5 cm über die Vor zeichnung verschoben. Noch weiter ging Bartolomeo Altomonte, als er 1769 sein Kuppelfresko in der Kirche der Englischen Fräulein in St. Pölten malte (Beobachtungen anläßlich der Restaurierung 1967)". Handelt es sich hier lediglich um den Ausdruck unterschiedlicher Künstler temperamente oder verraten sich darin verschiedene Stilstufen oder Werkstattgewohnheiten ? Die Frage, wie streng sich Gran an seine eigenen Entwürfe gehalten hat, ließe sich durch einen eingehenden Vergleich mit den vorliegenden Ölskizzen beantworten (Abb. 51,52,57-59). Wie schon erwähnt, waren an der scheinarchitektonischen ebenso wie an der dekorativen gemalten Freskenrahmung zahlreiche Vergolderarbeiten notwendig. Vorerst wurde der vorhandene Altbestand gereinigt. Die enorm großen, aus Holz geschnitzten (!) und von Anfang an mit überdimensionalen Messingschrauben befestigten Kapitäle der monumentalen Flachpfeiler brauchten prinzipiell lediglich gereinigt zu werden; nur an kleinen Fehlstellen waren Ergänzungen imvermeidbar, die aber sogleich wieder auf den gemäßigten Glanz des Altbestandes reduziert wurden. Nach typischer Art italienischer Architekturmaler, von denen eine künst lerisch versierte Gruppe um die Jahrhundertmitte, etwa in der Zeit zwischen 1740-1760, in Niederösterreich tätig war, sind die gerahmt gemalten farbigen Kassettenfelder vor allem an Tür- und Fenstergewänden, aber auch in der gemalten 8cheinarchitektur mit um'egelrnäßig hingetupften Goldpunkten gefüllt (Abb. 63). Diese Manier ist auf dem Sonntagberg von der Künstler- und Gehilfengruppe des Antonio Tassi, und zwar ganz ähnlich wie in der Schloß- ' Vor allem am unteren Rand der Kuppel scheint in Altomonte der Wunsch wach geworden zu sein, die Illusion der hochgewölbten — in Wirklichkeit ziemlich flachen — Kuppel noch mehr als im Entwurf zu steigern. Die Folge waren offen bar im Karton noch nicht vorgesehene starke Stauchungen der Figuren vor allem am unteren Kuppelrand, deren jeweils verringerter Abstand von den Füßen zur Leibesmitte und von da zum Haupt ein fast vertikales Hochragen der Gewölbe anfänge vortäuschen soll. Diese Stauchungen hat Altornonte während der Arbeit beträchtlich verstärkt, ohne sich um die noch heute erkennbare gravierte Vorzeichnmig zu kümmern.
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