Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Selbstverständlich wurden manchmal plastische Teile, wie Schlußsteine und Konsolen, auch an den Außenseiten neuer Kirchen sichtbar eingemauert. Wenn un.sichtbar, könnte dies auch aus rein prak tischen Gründen geschehen sein, so etwa bei den plastischen Teilen des spätromanischen Portales des Karners von Hadersdorf, die einfach bei der Exeki'ierung des Bauwerkes zur Vermauerung des Portales mitverwendet wurden®. Durch den Umstand, daß die zerschlagenen Teile in der Vermauerung gefunden wurden, war die vor einigen Jahren vorgenommene Rekonstruktion möglich geworden. Bei dem verhältnismäßig schmalen Schacht, welcher für den Einbau der Heizanlage in das Fundament des Nordturmes von St. Stephan geschlagen wurde, fand man nun eine spätromanische Säulenbasis mit einem Grundriß von 55 x 63 cm, 48 cm hoch, und das Fragment einer spätromanischen Tierfigur, 52 X 28 X 37 cm (Abb. 8, 9). Bei der Säulenbasis mit den Eckwülsten handelt es sich sicher um den Unterbau einer vor der Wand stehenden vollen Säule, welche eine Trennungsgurte zwischen den Raumkompartimenten eines Seitenschiffes trug. Das Werkstück griff nur 8 cm in das Mauerwerk ein. Es besteht die Möglichkeit, daß die letzten Teile des romanischen Nordschiffes erst abgerissen wurden, als um 1450 mit dem Aushub für den Nordturm begonnen wurde. Das Stück mag aber auch länger mit anderen für diesen Zweck aufgestapelt gewesen sein. Die verhältnismäßig kleine romanische Tierfigur (Löwe?) könnte von der Nordseite des Querschiffes stammen, wo sich das Portal für die Propstei be funden haben muß. Der starke Verwitterungszustand und die beträchtliche Beschädigung der plasti schen Details lassen leider keine genaue Datierung zu, doch werden wir mit der Annahme nicht weit fehlgehen, daß die Plastik relativ spät im 13. Jahrhundert entstanden ist. Die Einmauerung romanischer Portallöwen in späterer Zeit ist uns auch von der Schottenkirche bekannt. Einer der dort gefundenen Löwen steht heute im Germanischen Museum in Nürnberg, der andere steckt noch im Mauerwerk hinter dem Denkmal Heinrich Jasomirgotts. Der gleichen Epoche mag der stark fragmentierte Schlußstein angehören, welcher in der Hochmauer des Chores eingemauert war (Abb. 12). Dieser Schlußstein kann jedoch nicht aus dem romanischen Lang haus stammen, sondern müßte ein Rest des romanischen Chores sein, da ja bei der Erbauung des gotischen Chores das Langhaus noch stand. Das Fragment läßt lediglich erkennen, daß es sich um einen Schlußstein mit Stengel- und Blattornament handelt, ähnlich den Kapitellen, wie sie sich in der Vorhalle der Gozzoburg in Krems befinden (Abb. 13). Schließlich birgt das Lapidarium der Stephanskirche noch einen Schlußstein, der ebenfalls aus einer Vermauerung stammen muß und über dessen Herkunft keine Angaben gemacht werden können (Abb. 14). Daß Spolien schon im romanischen Vorläuferbau Verwendung fanden, erweisen die Grabungsbefunde aus den Jahren 1945-1948. Die schönste damals im Chor gefundene Spolie ist ein romanischer Grabstein des Kreuztypus aus dem 13. Jahrhundert, der sich heute ebenfalls im Lapidarium befindeU. Erwähnung verdienen auch jene frühgotischen Marmorgrabsteine, die in sekundärer Verwendung gefunden wurden, wie jene an der Nordseite des Langhauses, welche beim Bau der neuen Dombauhütte aufgedeckt wurden, oder jene, welche den Gang von der ehemaligen Wendeltreppe des Nordturmes (heute Lift) zum Dach raum abdecken, und einige Fragmente, die in den späteren Teilen des Stiftergrabes verbaut sind. Gut behauene Quadern haben verständlicherweise am Außenbau eine sekundäre Verwendung gefunden, wie dies etwa beim Vorbau des Riesentores zu sehen ist®. Vor kurzem konnte Frau Dr. Doberer feststellen, daß in den obersten Steinscharen des südlichen Heidenturmes im Inneren einzelne profilierte Steine verwendet wurden, die jedenfalls auch vom ab gebrochenen romanischen Bau stammen müssen. Schließlich ist noch ein Fund zu erwähnen, der bei der Freilegung der romanischen Radfenster auf der Westempore der Stephanskirche gemacht wurde®. In der Vermauerung des durch die BartholomäusKapelle nicht mehr lichtführenden Rundfensters im südlichen Heidenturm fand sich em lebensgroßer Kopf aus Sandstein, roh gearbeitet und stark beschädigt, welcher unmittelbar über der Fundstelle ® F. Eppel, DavS WaUlviertcl, seine Kunstwerke, historischen Lebens- und Siedlungsfornien, Salzburg 1960, 8. 122. ' SieheAnm. 4. ® E. Doberer, Der plastische Schmuck am Vorbau des Riesentores, in: Festschrift Karl Oettinger, Erlangen 1967. ^ J. Zykan, Die Restaurierung von Plastiken und Gemälden, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege, 1952, h. 32f.

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