Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Stellungen von Stadtausschnitten, Straßenzügen und Detail ansichten, die zahllosen Verluste an künstlerischen und städte baulichen Werten schmerzlich bewußt werden. Anschließend an den Bildteil wird in einem ,»Katalog" eine eingehende Erläuterung der Geschichte Wiens vom Mittel alter bis ins 19. Jahrhundert gegeben, um dem Betrachter das Verständnis für die Darstellungen des betreifenden Zeit abschnittes zu erleichtern, wobei die abgebildeten Werke genauestens besprochen werden und überdies die jeweils einschlägige Literatur angeführt ist. Ein Künstler- und Literaturverzeichnis, getrennt nach ,,Kunstgeschichte" und ,,Raum- und Baugeschichte", sowie ein umfassendes Register runden dieses hervorragende Buch ab. Es ist zu hoffen, daß es in unserem ».technischen Zeitalter" die Erkenntnis der Werte und Schönheiten der Vergangenheit steigern und den Sinn für ihre Erhaltung wachrufen wird. W. Blauenstp:iner Hans Aurenhammer: Martine Altomonte. Mit einem I?5eitrag ,,Martino Altomonte als Zeichner und Graphiker" von Gertrude Aurenhammer. Verlag Herold, Wien-München 1965. 207 S. Text, 6 Farbtafeln, 83 Abb. Hans Aurenhammer hat dem zusammenfassenden Schluß kapitel seiner Monographie über den älteren Altomonte nicht zufällig das Zitat von Alfred Lichtwerk beigegeben: ,,Wer irgendwo den Dingen nachgeht, lernt immer deutlicher empfinden, daß das ganze Kulturgebiet Europas von je ein Körper war, dessen Glieder zur selben Zeit von denselben Leidenschaften und Stimmungen durchzuckt werden." Er bestimmte damit den Rahmen, in dem er Werk und Person Altornontes gesehen haben möchte: jenes neapolitanischen Malers tirolisch-bayrischer Herkunft, der in Rom zum Künstler gebildet wurde, in Polen als Hofmaler wirkte, um dann im Wien der Josepho-Karolinischen Epoche zu einem der Gründer der österreichischen Baroekmalerei mit ausstrahlender Tätig keit in ober- und niederösterreichischen Klöstern zu werden. In Aurenhammers übersichtlich gegliederter Monographie ist nicht nur alles erdenkliche biographische Material (vgl. vor allem den Aufenthalt Altornontes in Polen) zusammen getragen; der Umfang seiner Kenntnisse der gesamten euro päischen, insbesondere der italienischen Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts ermöglichte es dem Verfasser, Thema für Thema, Komposition für Komposition Altornontes auf ihre formalen und inhaltlichen Vorbilder durchzugehen, um jeweils zusammenfassend die Eigenleistung und die künstlerische Entwicklung um so präziser charakterisieren zu können. Aus dem manchmal fast verwirrenden Netz von Beziehungen löst sich - im Schlußkapitel von Aurenhammer souverän formu liert - etwa folgendes Bild der künstlerischen Persönlichkeit Altomontes: Er gehörte im Rom der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu den vielen Schülern, die sich als Freskanten bei Gaulli, als Ölmaler aber bei Carlo Maratta ausbildeten, dessen klassizistische, an den Idealen Raffaels orientierte Kunst auch an der römischen Malerakademie S. Luca den Ton angab. Auch die Einflüsse der französischen Kunsttheorien mit ihrem Exponenten Lebrun spielten im damaligen römischen Kunst leben eine große Rolle. Mit diesem Rüstzeug, zu dem noch gute Kenntnisse der neapolitanischon und venezianischen Malerei, vor allem des großen Kombinationsgenies Luca Giordano kamen, versehen, trat Altomonte seine Reise als italienischer Wandcrznaler nach Polen an. Von den zahl reichen dort ausgeführten Werken ist heute nur noch ein Bild des Entsatzes von Wien aus dem Jahr 1685 im Stift Herzogen burg greifbar, das starke Anklänge an die neapolitanische Schlachtenmalerei zeigt (vgl. dazu vor allem ein Bild von Salvatore Rosa im Palazzo Barborini in Rom). Um 1700 übersiedelt Altomonte nach Wien. Hier wird er mit Rottinayr der große Vermittler italienischen Formengutes und schafft sowohl im Fresko als auch vor allem im Altarbild verbindliche Lösungen für die spätere Entwicklung der österreichischen Malerei. Für die profane Deckenmalerei ist sein Fresko im Marmorsaal des Unteren Belvedere das erste erhaltene Beispiel des bis zu Troger und seiner Schule maß gebenden Deckensystems der ,»idealen Ebene", deren Gliede rung ausschließlich durch die ideal-schönen, dekorativ ver teilten Figuren erfolgt, während die Scheinarchitekturen bloß rahmende Funktion haben; im Marmorsaal in St. Florian läßt er darüber hinaus die Figurenkompositionen geometrischen Gesetzen gehorchen, die zum inhaltlichen Programm in enger Beziehung stehen. In den Bildern der Salzburger Residenz führt er die v^erschiedenen Möglichkeiten vor, wie Decken bilder historischen Inhalts gestaltet werden können; die venezianische Manier ist ihm dabei ebenso geläufig wie die französisch-klassizistische in der Art Lebruns. Auch mit der Einführung von volkstümlichen Genrefiguren in seine Bilder weist er auf Troger oder Maulbertsch voraus. Der Typus dos Altarbildes, das nicht als Historie, sondern als Vision der Glorie des Heiligen aufgefaßt wird und sich in himmlischen Bereichen bewegt, ist ebenfalls von Martino Altomonte erstmals in großer Form herausgebracht worden und hat für die Kirchenarchitektur der Folgezeit, die nicht nur an der Decke, sondern bereits in der Altarzone Ausblicke in den himmlischen Froiraurn geben wollte, besondere Be deutung erlangt (vgl. Wilhering). Sowohl Rottrnayr wie Altomonte übertragen flie Dekorations prinzipien der Freskomalerei - dekorative Gesamtwirkung, in der die Einzelfiguren zurücktreten — s])äter auch auf die Altarbilder. Die römische Schulung Altomontes läßt ihn aber nie von einem festen Kompositionsgerüst mit klaren Haupt gruppen und untergeordneten Nebenfiguren abweichen und macht ihn so mehr als Rottmayr zum unmittelbaren Vor gänger Daniel Grans. Das hohe Alter, das Altomonte erreichte, bringt noch eine Wechselwirkung zwischen ihm und der jüngeren Generation der österreichischen Barockraaler; auch mit den figurenreichen, in großer Gestik erzählten Kompo sitionen Solimenas setzt er sich noch auseinander. Der Ver fasser weist in seinen ausführliehen Beschreibungen der einzelnen späten Altarwerke auf diese verschiedenen Zu sammenhänge hin und analysiert auch ausgezeichnet die allerspätesten Bilder Altomontes, unter denen sich Arbeiten von größtem malerischem Reiz der Details befinden (vgl. die expressionistische Landschaft im Bild ,,Moses schlägt Wasser aus dem Felsen", St. Florian). Das graphische CEuvre Altomontes ist in einem eigenen Kapitel des Buches (von Gertrude Aurenhammer) behandelt. Als ein noch dem 17. Jahrhundert entstammender Künstler schuf er seine Zeichnungen in unmittelbarem Ziisammenhang mit den Bildern. Selbständige grajjhische Blätter, wie sie dann Paul Troger als der erste große Zeichenkünstler unter den österreichischen Barockmalern hervorbringt, gibt es bei Altomonte noch nicht.

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